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Die Pille – und Italien?

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Im November haben wir in einem Beitrag über die Risiken der Pille berichtet. Heute ist wieder Neumond und wir möchten den Beitrag der #rubriktanterosa dieses Monats ein weiteres Mal diesem Thema widmen. Anders als der letzte, wird dieser Beitrag allerdings Diskussionen im italienschsprachigen Raum aufgreifen.

Recherchiert man mit Schlagwörtern wie: rischi, pericoli, critica, pillola anticoncezionale, Italia, donne morte a cause della pillola, cause legali usw. – kommt man zu ähnlichen Suchergebnissen wie im deutschsprachigen Raum. Auf der einen Seite zu Beiträgen und Artikeln, welche die Pille als Wundermittel und Lifestyle Produkt anpreisen. Auf der anderen Seite zu Artikeln, Beiträgen und persönlichen Erfahrungesberichten, welche auf die – oft auch am eigenen Körper erlebten – negativen bis tödlichen (Neben-)Wirkungen, Risiken und Gefahren der Pille aufmerksam machen.

Bildquelle: Pixabay

Interessant ist dabei bzgl. Verhütung(smittel), dass, laut einer Statistik des Istat (Istituto Nazionale di Statistica), die Pille in Italien nicht so beliebt ist. Von den 2013 befragten Frauen zwischen 18 und 49 Jahren, die in einer festen Beziehung leben, nutzen 20,6% die Pille, 30,4% hingegen Kondome, davon 15,6% bei jeder sexuellen Interaktion. Damit liegt die Wahl der Pille deutlich unter der Häufigkeit anderer Länder, wie z.B. Deutschland 2005: über 60%, Marokko 2006-2010: 48,4% oder Algerien 2006: 45,9%.

An dritter Stelle der Verhütungsmittel steht in Italien mit 18,7% der sog. Coitus interruptus (unterbrochener Geschlechtsverkehr), oft auch als „Rückzieher“ oder „Aufpassen“ bezeichnet. Der Mann zieht dabei vor der Ejakulation seinen Penis aus Scheide und Vulva und ejakuliert außerhalb dieser. Dabei handelt es sich um eine sehr unsichere Methode der (natürlichen) Empfägnisverhütung. In Europa gibt es nur ein weiteres Land mit einer ähnlich weiten Verbreitung dieser Methode – und zwar Russland (2011) mit 12%. In anderen europäischen Ländern lagen die Zahlen in den 1970er Jahren das letzte Mal so hoch – z.B. Frankreich 1978: 22,2% (im Vergleich dazu 2008: 0,4%) oder Ungarn 1975: 19% (im Vergleich dazu 1993: 6,6%). Es liegt in Italien also noch einiges an Aufklärungsarbeit, Sexualerziehung und Sexualunterricht vor uns.

Spannend ist in diesem Zusammenhang, dass in den letzten Jahren in verschiedenen Regionen Italiens eine Diskussion rund um kostenlose Verhütungsmittel für Jugendliche unter 24 bzw. 26 Jahren entbrannt ist. In der Emilia-Romagna, im Piemont, in der Lombardei und der Toskana gibt es Bemühungen eine kostenlose Ausgabe von Verhütungsmittel über Familienberatungsstellen einzurichten.

Wie Cristiana Bedei in ihrem Artikel, der die aktuelle Situation erfasst, allerdings resümiert: „c’è ancora un bel po’ di strada da fare.“ Lediglich in Apulien gibt es bereits seit 2008 eine kostenlose Verteilung der Pille, des Pflasters und des Verhütungsrings an verschiedene Gruppen von Frauen, darunter auch junge Frauen unter 24 Jahren.

Eine Idee/ Ansatzpunkt/ Vision auch für Südtirol?

Am Ende bleiben aber auch hier wieder Fragen offen

  • Wie kann mehr Wissen rund um Empfängnisverhütung und Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen vermittelt werden?
  • Wo, durch wen und in welchem Kontext kann und soll dieses Wissen vermittelt werden?
  • Welche Beratung geht einer kostenlosen Ausgabe von Verhütungsmittel voraus bzw. damit einher?
  • Welche Pillen welcher Generation werden ausgegeben?
  • Wie viel Information gibt es über Risiken, Nebenwirkungen und Gefahren der Pille?
  • Und in Zusammenhang mit dem Zitat von Renate Fuchs-Haberl im letzten Beitrag: Welche Problemtiken können mit einer (möglichst) flächendeckenden kostenlosen Versorgung junger Frauen mit hormonellen Verhütungsmitteln verbunden sein?

 

Yvonne Rauter

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