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Schönheitsideale. Oder: wie wir unser Leben verpassen

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Schönheitswahn, Fitnesswahn, Schlankheitswahn – was haben all diese Dinge gemeinsam? Wir unterwerfen uns ihnen um dem vermeintlich perfekten Schönheitsideal unserer Zeit zu entsprechen. Die Antwort darauf ist so einfach und doch so schwer zu erreichen: Selbstliebe und Selbstakzeptanz. Mit dieser besonders in der heutigen Zeit hochaktuellen Problematik setzt sich der folgende Artikel auseinander.

Schönheitsideale– ein eher unschönes Wort. Wir alle kennen sie, die in einer Kultur  herrschende Vorstellung davon, wie eine Frau oder ein Mann idealerweise auszusehen haben.  Schönheitsideale gibt es für viele Bereiche; ob Gesicht, Hautfarbe, Figur, alles was von diesem vorgegebenen Ideal abweicht, ist falsch und unschön- und sei das Ideal noch so unrealistisch, unnatürlich und vor allem meist schlicht unerreichbar für uns. Wir eifern unter anderem dem „perfekten Körper“ hinterher, einem Six-Pack oder der perfekten Sanduhr Silhouette -aber bitte niemals ein Bäuchlein dazu! Dies kann sehr belastend sein und hat nicht selten krankhafte Züge. Für junge und nicht gefestigte Menschen ist der Leidensdruck besonders hoch; sie verpassen oft schönste Momente ihres Lebens auf der Jagd nach dem „idealen Body“. In Zeiten von Bodyshaming auf der einen und Bodypositivity auf der anderen Seite ist es erstrebenswert, sich darauf zu besinnen was wohl mit das höchste Gut in der persönlichen Entwicklung eines Menschen ist: sich selbst zu akzeptieren und lieben zu lernen, in Makeln nicht mehr Fehler zu sehen sondern besondere Merkmale von Einzigartigkeit.

  1.  Woher kommen eigentlich diese Schönheitsideale (und können sie bitte verschwinden)?

Die Gesellschaft legt das vermeintlich perfekte Ideal für Aussehen und Körpermaß fest, oder? Aber wer ist denn die Gesellschaft? Sind das nicht wir, die wir alle gleichermaßen mit diesen unsinnigen Standards zu kämpfen haben? Wenn es nicht wir sind, wer ist es dann? Die Industrie vielleicht, die uns glauben machen will, dass wir, so wie die Natur uns gemacht hat, ganz falsch sind? Die Modeindustrie? Wem wollen wir es dann also recht machen mit unseren ungezählten Diäten, den Spätschichten im Fitnessstudio, dem Kauen auf dem Salatblatt ohne Dressing? Fakt ist: wer genau uns das erstrebenswerte Leitbild aufoktroyiert lässt sich schwer feststellen. Warum viele diesem aber mit einem Großteil ihrer Kraft hinterherjagen, lässt sich noch schwerer feststellen. Wir können also festhalten:

  1. Die einzige Problemzone ist der Kopf

Problemzone- dieser Begriff lässt mich schaudern. Wir haben sie doch alle. Stimmt, denn einen Kopf hat jeder Mensch. Darin stapelt sich Ballast, der verletzende Spruch von den Jungs im Bus, der Kommentar der liebenswerten Großtante auf dem letzten Familienfest oder im schlimmsten Fall die Ablehnung durch einen geliebten Menschen, die das Selbstwertgefühl bis ins Mark erschüttert. Es liegt in der Natur des Menschen, anderen gefallen zu wollen. Dieses Verhalten abzulegen ist ein langer Prozess. Den Anfang sollte die Erkenntnis bilden, dass wir es NIEMALS allen Menschen, denen wir im Laufe unseres Lebens begegnen, gleichermaßen Recht machen können. So verschieden unsere Körper sind, so verschieden denken die Menschen auch. Es ist also ein nie endender, kräftezehrender Marathon, zu versuchen dem (von wem auch immer) festgelegten Schönheitsideal der jeweiligen Zeit (!) gerecht zu werden. Es gibt eine einzige Person auf dieser Welt, der man gefallen muss: sich selbst. Es ist egal ob dünn oder dick, geschminkt oder nicht, modisch oder im Kartoffelsack, mit kurzem oder langem Haar; das einzige was wirklich zählt ist nicht die Meinung der anderen, sondern deine eigene Meinung.

  1. Schlank=gesund? Die selbsternannte Gesundheitspolizei

In Zeiten von social media etablieren sich vermehrt -Gott sei Dank!- Plattformen für Bodypositivity, die Menschen animieren möchten und ihnen vorleben, dass es völlig in Ordnung ist sich auch dann zu akzeptieren und zu lieben, wenn man ein paar Kilos mehr auf der Hüfte hat und nicht dem gängigen Ideal entspricht. Sie kleiden sich modisch und scheuen auch nicht davor zurück sich im Bikini zu zeigen. Sie geben uns Mut für unsere eigenen kleinen Kämpfe im Alltag.

Leider sehen sie sich häufig mit der „selbsternannten Gesundheitspolizei“ konfrontiert, die Plussize Bodypositivity mit der Vermittlung und Verherrlichung eines ungesunden Körperbildes gleichsetzen. Bestimmte Lebensweisen bergen gesundheitliche Risiken. Aber ist jemand mit einer schlanken Figur automatisch gesund? Zigaretten, Alkoholkonsum und andere Dinge beeinflussen ebenfalls die Gesundheit. Das Einmischen und Urteilen über die Gesundheit aufgrund des Äußeren ist ein Unding; Beleidigungen als auch wohlgemeinte Ratschläge zu geben unangebracht. Zuständig für die körperliche Gesundheit ist man selbst oder ein Arzt. Leider sind es häufig Frauen, die sich in der Rolle der Gesundheitspolizei finden.

  1. Women empower women- oder?

Wie ist es eigentlich mit der gegenseitigen Unterstützung unter uns Frauen– habt ihr das Gefühl, dass wir zusammenhalten und uns gegenseitig aufbauen? Wenn ich ehrlich bin habe ich des Öfteren nicht das Gefühl, dass wir Frauen uns mit wohlwollenden Augen betrachten, sondern eher mit Argusaugen. Was trägt die andere, wie sitzt ihr Haar, wie spricht sie, wie verhält sie sich, ist sie Hausfrau oder Karrierefrau. Wir Frauen können unsere größten Befürworterinnen sein, aber auch unsere größten Kritikerinnen. Dabei ist es so wichtig zusammenzuhalten, der anderen mit Respekt zu begegnen, sie zu bewundern, zu unterstützen. Vor dem ersten Urteil kurz innezuhalten und einen Schritt weiterzudenken. Und was ist schon dabei, was kostet es uns? Als Einheit wären wir stärker, würden sicherlich mehr erreichen.

Ich habe es mir zu eigen gemacht, dass immer wenn ein wertender Gedanke aufkommt  (das passiert bei uns allen automatisch, so schnell, dass wir es kaum merken) und mich dabei ertappe, ich mir selbst Einhalt gebiete und dafür etwas positives an der anderen Person ausmache. Vielleicht ist das für die ein oder andere einen Versuch wert!

  1. Selbstliebe und Selbstakzeptanz

Mit der Selbstliebe und der Selbstakzeptanz ist es so eine Sache. Für viele ein utopischer Zustand der nicht zuletzt dank unrealistischer Schönheitsideale, die in unseren Köpfen nisten, wahrscheinlich nie erreicht wird.

Ich habe mal zu meinem Mann gesagt: „Mensch, was ich für ein schönes Leben hätte, wenn ich mir nicht 85% des Tages über meinen Körper Gedanken machen würde.“ Und es stimmt. Selbstliebe ist nichts was einen plötzlich überfällt und dann ist sie da, sie kommt und geht, sie ist ein Prozess, sie ist ein Weg mit vielen Höhen, Tiefen und Umwegen, sie ist ein ganzes Stück tägliche Arbeit, sie ist ein Kampf mit Rückschlägen mit und gegen sich selbst, sie ist ein großes Ziel und sie ist das Schönste was man für sich ganz persönlich erreichen kann.

Ich persönlich habe schon ein gutes Stück Reise zur Selbstliebe hinter mir; am Ziel bin ich noch nicht. Aber diese Reise zu beginnen war der Beginn einer neuen Freiheit.

Ist Selbstliebe die Antwort auf fehlerhafte Schönheitsideale?

Ja. Es ist leichter gesagt als getan, aber so ist es. Das Äußere ist wohl fast jedem von uns wichtig, aber seien wir offen und verurteilen keinen Menschen, ob Mann oder Frau, auf den ersten Blick, geben wir uns allen eine Chance auch einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Hören wir auf unser Leben zu verpassen und Idealen hinterherzujagen, die nur für kurze Zeit aktuell sind.

Das neue Schönheitsideal soll Einzigartigkeit und Vielfalt sein. Man sollte man selbst sein und sein dürfen, denn alle anderen gibt es ja schon! Jede*r ist gut so wie er oder sie ist, jede*r muss seine Wahl wählen dürfen.

Warum es also nicht drauf an kommen lassen und die Selbstliebe ausprobieren, man kann nicht verlieren, nur Stück für Stück das eigene, wundervolle Leben zurückgewinnen.

 

Marina Sarac

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