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2 Frauen, die sich für Menschenrechte einsetzen

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„Menschenrechte stehen allen Menschen zu, allein aufgrund der Tatsache, dass der Mensch Mensch ist, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder Alter.“

Morgen, am 10. Dezember, ist Tag der Menschenrechte. 1950 wurde dieser internationale Tag von der Generalversammlung der Vereinten Nationan ins Leben gerufen. Das war genau zwei Jahre nachdem die Vereinten Nationen die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ 1948 verkündet hatten.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte stellt aufgrund ihres Rechtsstatus‘ allerdings lediglich eine Empfehlung der Generalversammlung dar. Die Erklärung sieht auch keine Kontrollmechanismen vor. Das macht es für die Vereinten Nationen schwierig, die Menschenrechte rechtlich durchzusetzen. Doch es wird daran gearbeitet: „Um ein Bewusstsein für Menschenrechte zu entwickeln und Verletzungen zu verfolgen, wurden in einer Dekade der Menschenrechte (1995-2004) Institutionen wie der Internationale Strafgerichtshof eingerichtet.

All diese Umstände machen es möglich, dass auch im 21. Jahrhundert immer noch Menschenrechte missachtet und verletzt werden – und zwar von Staaten, von Gruppen oder auch von einzelnen.

In einer derartigen Situation ist der unerschrockene und unbeugsame Einsatz von Frauen und Frauengruppen für Menschenrechte von entscheidender Bedeutung. Heute möchten wir euch deshalb zwei Frauen(gruppen) vorstellen, die seit Jahren für die Einhaltung von Menschenrechten und von Frauenrechten kämpfen.

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Nasrin Sotoudeh

Bild: Archiv Frauenmuseum Meran

Nasrin Sotoudeh kommt aus dem Iran und ist Rechtsanwältin. Als solche engagiert sie sich seit Jahren für Menschenrechte, verteidigt Menschenrechtsaktivist*innen, die zu Unrecht verhaftet oder in ihren Rechten eingeschränkt wurden, setzt sich für Minderjährige in Haft ein, denen die Todesstrafe droht und kämpft für Frauenrechte im Iran. Als Rechtsanwältin hat sich öffentlich gegen den Kopftuchzwang ausgesprochen.

Dieser Einsatz stößt nicht immer auf positive Resonanz. Nasrin Sotoudeh lebt daher seit Jahren mit Einschränkungen, in Gefahr und auch in Haft. Die Anerkennung des Einsatzes von Menschenrechtsverteidiger*innen vonseiten der Gesellschaft ist daher wertvoll und bedeutend.

2008 wurde Nasrin Sotoudeh vom Frauenmuseum Meran gemeinsam mit der Menschenrechtsorganisation HRI und unter der Schirmfrauschaft von Shirin Ebadi der „Human Rights International Preis für Menschenrechte“ verliehen. Zu diesem Zeitpunkt durfte Nasrin nicht aus dem Iran ausreisen und konnte den Preis somit nicht persönlich entgegennehmen. Stellvertretend empfing ihr Mann Rheza Kandan mit Tochter Mehraveh Khandan die Anerkennung und Solidarität.

Im Bild: (hinten von li nach re) Astrid Schönweger, Adi Pfitscher (HRI), Sabri Najsfi, (vorne von li nach re) Sissi Prader, Mehraveh Khandan und Rheza Kandan
Foto: Archiv Frauenmuseum Meran

Seither sind wir mit Nasrin sowie den Iranerinnen und Iranern, die im Exil, auch in Südtirol leben, verbunden.

Im September 2010 wurde Sotoudeh „vor Gericht geladen, ohne Rechtsbeistand verhört und festgenommen.“ Die Zeit bis zum Gerichtsurteil verbrachte sie in Einzelhaft.

2013 wurde Sotoudeh, gemeinsam mit anderen politischen Gefangenen frühzeitg aus der Haft entlassen, allerdings dauerte ihre Freiheit nicht lange an. 2018 kam es „unter dem Vorwurf der Propaganda gegen die Regierung “ erneut zu einer Verhaftung und anschließend zur Verturteilung zu 33 Jahren Gefängnis und 148 Peitschenhieben.

Im August 2020 begab sie sich ein weiteres Mail in einen 50-tägigen Hungerstreik, um gegen die Haftbedingungen zu protestieren. Sie gibt nicht auf und setzt in ihrem Einsatz gegen Menschenrechtsverletzungen sogar ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel.

Da sich Nasrin Sotoudeh im Gefängnis mit dem Coronavirus infiziert hat, wurde sie vorübergehend aus der Haft entlassen. Weltweit solidarisieren sich Personen, Gruppen und Organisationen mit ihr, setzen sich für ihre Freilassung ein und unterstützen sie als Person ebenso wie ihre Anliegen durch Projekte, Petitionen und Aktionen. So beteiligen auch wir uns vom Frauenmuseum immer wieder um ihr eine Stimme zu verleihen.

Im Bild: Mansoureh Shojaee (iranische Aktivistin im Exil) auf einer Tagung zum Thema Menschenrechte auf Schloss Maretsch, die auch vom Frauenmuseum unterstützt wurde.
Foto: Archiv Frauenmuseum Meran

Das iranische Regime sieht sich durch die internationale Aufmerksamkeit durch den Hungerstreik stark unter Druck gesetzt und bedroht daher Nasrin Sotoudehs Familie.

Nasrin Sotoudeh hat zahlreiche Menschenrechtspreise erhalten, darunter 2012 vom Europäischen Parlament den Sacharow-Menschenrechtspreis 2012 und 2020 den Menschenrechtspreis vom Deutschen Richterbund (DRB).

Es ist wichtig immer wieder von diesen Frauen zu berichten.

Nasrin Sotoudeh, eine Frau die sich lediglich friedlich für Frauenrechte und gegen die Todesstrafe im Iran einsetzt.

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Rugiatu Neneh Turay

Rugiatu Neneh Turay ist die Preisträgerin des Theodor-Haecker-Preises 2020. Dieser Preis wird „von der Stadt Esslingen am Neckar seit 1995 alle zwei und seit 2017 alle drei Jahre an Personen vergeben, die sich durch „besonderen politischen Mut und Aufrichtigkeit“ auszeichnen.Turay engagiert sich an der Schnittstelle von Menschenrechten und Frauenrechten. Die Gründerin der Organisation Amazonian Initiative Movement (AIM) setzt sich seit über 15 Jahren gegen die weibliche Genitalverstümmelung (FGM) in Sierra Leone ein. Mit dem Ziel über diese Praxis aufzuklären und deren Abschaffung zu erreichen.

In Sierra Leone sind aktuell immer noch 90 Prozent aller Frauen und Mädchen über 15 Jahren von Genitalverstümmelung betroffen. Eine schwere Menschenrechtsverletzung, vor der sie kein Gesetz schützt. Gemäß eines Statements der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und einer Reihe weiterer internationaler Organisationen verletzt die weibliche Genitalverstümmelung allerdings gleich 3 Menschenrechte:

  • Artikel 2 – Verbot der Diskriminierung (in unserem Fall aufgrund des Geschlechts)
  • Artikel 3 – Recht auf Leben und Freiheit (im Falle des Todes eines Mädchens/einer Frau während oder aufgrund der Genitalverstümmelung)
  • Artikel 5 – Verbot der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe

Umso wichtiger ist auch in diesem Fall der Einsatz von einzelnen Frauen wie Rugiatu Neneh Turay oder Organisationen wie das AIM. In Zusammenarbeit mit Terres des Femmes (TDF) wurde in Sierra Leone ein Schutzhaus errichtet, in dem Mädchen, die vor der Zwangsverstümmelung von zu Hause flüchten, unterkommen können. Wie bei Nasrin Sotoudeh erfolgt der Einsatz für die Menschenrechte auch in Sierra Leone mit einem hohen Einsatz des eigenen Lebens. Die „AktivistInnen [erhalten] keine finanzielle oder andere Unterstützung durch die sierra-leonische Regierung, sind mit der Ablehnung durch die Frauengeheimbünde konfrontiert und werden sogar immer wieder mit dem Tod bedroht.“ Umso wichtiger, dass die Personen, die sich trotz dieser Gefahren über Jahre hinweg unermüdlich für Menschenrechte einsetzen, eine Würdigung und Anerkennung ihres Einsatzes erhalten.

Rugiatu Neneh Turay geht es nicht darum „Traditionen oder afrikanische Identitäten zu verraten oder zerstören, sondern einzig und allein um die Frage, welche Welt und Zukunft sich Menschen in ihrem Land für Mädchen und Frauen wünschten. Sie selbst habe die Vision, Mädchen und Frauen unversehrt und selbstbestimmt leben, die Gesellschaft mitgestalten und Führungspositionen übernehmen zu sehen.

Wer sich die Preisverleihung anschauen möchte, hier geht’s zur Aufzeichnung des Live-Streams.

Wer weitere spannende Frauen kennenlernen möchte, die sich für Menschenrechte und Frauenrechte einsetzen, kann hier oder hier weiterlesen.

 

Yvonne Rauter & Sissi Prader

 

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