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Mansplaining – Und jetzt noch einmal für die Frauen

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Anna ist Psychologin, hat mehrere wissenschaftliche Arbeiten geschrieben und hält einen Vortrag. Tom ist im Publikum und sich seiner psychologischen Kenntnisse sehr sicher, er ist Banker. Nach dem Vortrag spricht Tom Anna an, langsam und deutlich weist er sie auf einen Fehler hin, den er, selbsterklärter Allrounder, bemerkt hat, und nun für das Gemeinwohl unbedingt korrigieren muss. Anna hört ihn an und erklärt ihm, dass es sich nicht um einen Fehler handle, sondern schlicht um mangelndes Verständnis seitens Toms, und bietet an, es ihm noch einmal zu erklär-Tom unterbricht sie, denn er weiß es ja schon.

Tom und Anna mögen nur anschauliche und von mir ausgedachte Personen sein, jedoch stellen sie das äußerst präsente und reale Phänomen des sogenannten Mansplainings dar. Das 2012 in das Oxford Dictionary aufgenommene Wort setzt sich aus den Wörtern Man für Mann und explaining für erklären zusammen und bedeutet „jemandem etwas auf eine als herablassend oder bevormundend empfundene Weise erklären, typischerweise ein Mann gegenüber einer Frau“. Zum ersten Mal tauchte der Begriff im Zusammenhang mit dem 2008 veröffentlichten Essay der Amerikanerin Rebecca Solnit auf, in dem sie eine persönliche Anekdote beschrieb. Auf einer Party sagte ihr der Gastgeber, ein älterer, wohlhabender Mann, er habe gehört, dass sie einige Bücher geschrieben habe. Sie begann, über ihr kurz vorher veröffentlichtes Buch über den Fotografen Eadweard Muybridge zu sprechen. Daraufhin unterbrach ihr Gegenüber sie mit der Frage, ob sie von dem kürzlichen Erscheinen eines ausgesprochen wichtigen Muybridge-Buchs gehört habe, und erging sich, ohne eine Antwort abzuwarten, in Auslassungen über das Buch, das er – so stellte sich später heraus – nur aus Rezensionen kannte. Der wiederholte Einwurf von Solnits ebenfalls anwesender Freundin, es handle sich dabei um Solnits Buch, fand erst beim dritten oder vierten Mal Gehör, verschlug dem Herrn jedoch nur einen Moment lang die Sprache.

Natürlich handelt es sich nicht bei jedem Gespräch, wo ein Mann einer Frau etwas erklärt um Mansplaining, aber Fakt ist, dass Männer häufig aufgrund ihres oft starken Selbstbewusstseins, das übermächtige Bedürfnis verspüren, die Welt um sie herum mit ihrem Wissen zu erleuchten, auch wenn niemand danach gefragt hat, und die Welt schon blendend grell scheint. Eine wahrscheinliche Ursache dieses männlichen Verhaltens liegt schon in der Erziehung. Jungs werden häufiger dazu erzogen, sich ihrer Stärken bewusst zu sein, und sich im Leben durchzusetzen, während Mädchen zu Gehorsam und Sittsamkeit gedrängt werden, um ja nett und sympathisch rüberzukommen, denn niemand mag aufmüpfige Mädchen. Zusätzlich kommt noch der natürliche Vorteil der Männer, Männer zu sein, und nicht um jedes ihrer Rechte kämpfen, und sich bei jeder Gelegenheit beweisen zu müssen.

Als Mitglied einer Schülerzeitung bin ich oft an Besprechungen und Planungen verschiedener Projekte beteiligt, demnach vielen Diskussionen ausgesetzt. Dabei erkenne ich einen deutlichen Unterschied zwischen der Art wie Mädchen und wie Jungs diskutieren. So wird bei den Mädchen meist ein verständlicher und äußerst rücksichtsvoller Ton angeschlagen, und eigene Fehler auch eingesehen, wohingegen bei den Jungs Kompromisse oft mit Händen und Füßen erkämpft werden müssen, und Einsicht oft ein Fremdwort ist. Als bei einer Diskussion zum Thema Feminismus und Gleichberechtigung an Schulen ein männlicher Kollege mir weismachen wollte, dass es Sexismus in der heutigen Gesellschaft nicht mehr gebe, und die mangelnde Vertretung von Frauen in Führungspositionen eben darin liege, dass viele Frauen sich nicht genug anstrengen und weniger Qualifikationen mitbringen würden, fühlte ich diese wohl von vielen Frauen bekannte Wut und Frustration, die Mansplaining oft begleitet. Denn all meine Argumente helfen nicht, wenn sie auf jemanden treffen, der auf mich herabschaut, und mich und meine Meinung nicht respektiert.

 

Emilie Vorhauser

Emilie Vorhauser

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