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Sollten Frauen mehr über Geld sprechen?

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Es wird aktuell viel darüber gesprochen, wie Macht in Gesellschaften gerechter zwischen den Geschlechtern verteilt werden kann. Wir sprechen über sich wandelnde Geschlechterrollen, über Hindernisse für Frauen wie zum Beispiel sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und über Stereotype, die Männer und Frauen in bestimmte Schubladen stecken und sie deshalb an ihrer Entfaltung hindern. Es geht um die Verteilung von Macht – doch was in diesen Diskussionen oft fehlt und eng mit Macht verknüpft ist, wird vielfach nicht angesprochen: Das Thema Geld – so Sallie Krawcheck.

Sallie Krawcheck ist Geschäftsführerin und Mitbegründerin der innovativen Investment-Plattform für Frauen Ellevest.

Wir können nicht über Macht reden, ohne implizit auch über Geld zu reden, denn die beiden Konzepte sind in einer kapitalistischen Gesellschaft untrennbar miteinander verwoben. Mehr Geld ist gleich mehr Macht.

Und solange unsere Gesellschaft die unausgesprochene Botschaft sendet, dass Geld ein maskulines Konstrukt ist, solange werden Frauen keinen gleichen Anteil an der Macht haben – so Sallie Krawcheck kürzlich in der US-amerikanischen online Zeitschrift Newsweek.

Ist es tatsächlich so? Ist Geld noch immer Männersache? Und wenn ja, warum?

Wie so oft spielen auch beim Thema Geld Stereotypen mit, welche – oft unbewusst – von Generation zu Generation weitergereicht werden. Wir sind in einer Welt sozialisiert, in der schon Kinder ihrem Geschlecht entsprechend unterschiedlich behandelt werden. Wir reden mit Mädchen anders über Geld, als mit Buben. So wird mit Mädchen mehr übers Geld sparen gesprochen und mit Jungs mehr übers Geld machen und übers Aufbauen eines Vermögens.

Auch im Erwachsenenleben unterscheidet sich die Art und Weise, wie zu Frauen und Männern über Geld gesprochen wird. Eine Untersuchung von 300 britischen Magazinartikeln hat gezeigt, dass Frauen eher dahingehend beraten werden, ihre Ausgaben unter Kontrolle zu halten, zu Sparen – langfristige Finanzplanung sei für Frauen eine Herausforderung. Männern hingegen werden Vorbilder gezeigt, die sich als kluge Investoren verhalten und Geld für sich arbeiten lassen.

Das Thema Finanzen wird eben noch hauptsächlich mit Männlichkeit verbunden und spielt damit in das immer wieder zementierte Klischee des „rationalen“ Mannes und der „frivolen“ Frau hinein. Und das obwohl Studien gezeigt haben, dass Frauen gar nicht „risikoscheuer“ sind als Männer und dass sie auch beim Investieren nicht schlechtere Entscheidungen treffen.

Es ist allerdings kein Wunder, dass die Geld-Industrie männlich geprägt ist. Laut Ellevest sind 86% der Investment Berater männlich und durchschnittlich über 50 Jahre alt.

Laut Krawcheck bleibt Geld somit für viele Frauen ein endgültiges soziales Tabu. Für viele Frauen ist, egal wie viel sie verdienen, ihr Gehalt niemals so richtig, dass sie ungeniert darüber sprechen können. Es ist entweder zu viel oder zu wenig. Sollte sie mehr verdienen, als ihr Partner, nimmt sie ihm seine Männlichkeit. Eine Studie zeigte, dass in diesem Fall beide Partner eher dazu tendieren, über ihr Gehalt zu lügen.

Dass sich diese Stereotypen nicht nur auf Investments von Frauen auswirken, sondern auch auf Gehaltsverhandlungen, auf den seit Jahren gleichbleibenden Gender Pay Gap und auch auf die ungleichen Pensionen, ist verständlich. Aber was können wir tun?

Krawcheck schlägt vor, bei den Kindern zu beginnen: Mit Mädchen gleich über Geld zu sprechen, wie mit Jungen. Wir können innerhalb der Familie das Thema Geld offen ansprechen. Wir können Vorbilder aufzeigen und wir brauchen Medien, die Frauen auch als Finanzberaterinnen zeigen und mit Frauen nicht nur übers Sparen reden. Wir können größere Transparenz in Unternehmen im Hinblick auf Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern fordern. Und wir können für bezahlte Elternschaft eintreten.

Geld ist nicht alles. Aber doch etwas: Es ist eine Quelle der Macht … wir schaden unseren Kindern, wenn wir Mädchen Hilflosigkeit im Hinblick auf Geld mitgeben, und Jungen hingegen die ganze finanzielle Bürde auferlegen. – Sallie Krawcheck

 

Judith Mittelberger

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