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Von Verdrehung zur Verharmlosung von Gewalt an Frauen

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Er wurde uns erst jetzt zugespielt, ein Artikel von Ende März in stol.it, dem digitalen Athesia-Tageblatt, mit dem Titel „Warum Terence Hill einem Südtiroler seine Karriere verdankt“. Uns erging es in einem ersten Moment wahrscheinlich wie Ihnen. Was hat diese Meldung für eine Relevanz für #ichfrau? Bis wir ihn gelesen haben…

Rein journalistisch ist es ja verständlich. Da kommt von der dpa (=Deutsche Presse Agentur) die Meldung rein, dass Terence Hill, der auch hier im Lande beliebte Western-Schauspieler, Ende März seinen 80. Geburstag feiert. Natürlich möchte man darüber schreiben. Aber wieso soll jetzt dieser Schauspieler eine Notiz wert sein? Er ist halb Italiener, halb Sachse, der weltweit Erfolge gefeiert hat. Dass er manchmal bei uns gedreht hat, ist ein bisschen dürftig.

Jetzt wird die Eselsbrücke geschlagen und hier wird’s heftig! stol.it schreibt, wie seine Laufbahn 1967 mit der Hauptrolle im Italo-Western „Gott vergibt, wir beide nie“ begann. So weit so gut. Diese Rolle habe er aber nur per Zufall erhalten, weil er als Ersatzmann für den Bozner Schauspieler Peter Martell einsprang, der sich kurz vor Drehbeginn seinen Fuß gebrochen hat. Hier von „Karriere verdanken“ zu sprechen, ist schon ein wenig strapazierte journalistische Freiheit, aber so weit immer noch gut, nicht wahr?

Aber jetzt kommt’s: In einem Satz, der wirklich nicht anders als Verharmlosung von Gewalt an Frauen berzeichnet werden kann, wird erzählt: „Laut Hill hatte Martell ständig Streit mit seiner Verlobten, er wollte sie treten, doch sie wich aus und sein Fuß knallte gegen eine Wand.“ Ja, diese Umschreibung kennen wir: „Streit eines Paares“. Sauber!
Und bei diesem „Streit“ wollte der Bozner seine Verlobte so stark treten, dass er sich den Fuß brach, als er die Wand statt sie erwischte. „Weil sie auswich“. Wir sind geübte Leserinnen, können zwischen den Zeilen, auch wenn sie noch so harmlos formuliert werden, Gewalt gegen Frauen lesen, aber hier stellt sich doch die Frage, ob die dpa oder der stol.it-Journalist um der Südtiroler Geschichte willen das so geschrieben hat? Eines ist sicher: nicht politisch korrekt!

Aber es geht noch weiter: Um diese Geschichte wird der ganze Beitrag gedreht. Jetzt kommt der seine Verlobte tretende Bozner noch zu Ehren, dass ihm angedichtet wird, dass ihm Terence Hill seine Karriere verdankt. UND es gibt noch einen tollen Untertitel, bevor die Geschichte mit dem Südtiroler aufgerollt wird: „Ein Südtiroler, ein gebrochener Fuß und der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“. Genau, es handelt sich ja nur um einen gebrochenen Fuß, nicht etwa, wie er ihn gebrochen hat. Und es ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. So beschrieben, könnte man tatsächlich meinen, Terence Hill habe daraufhin eine Freundschaft mit dem Bozner begonnen, nicht etwa mit Bud Spencer, wie es ein wenig weiter unten geschrieben steht.

Das ist ein tolles Geburtstagsgeschenk an ihn! Ein Beitrag, in dem darauf hingewiesen wird, dass er seine Karriere einem „wunderbaren Freund“ verdankt, der ausfiel, weil er seine Frau misshandelte. Würde ihm sicher gefallen…

Tja, Gott vergibt, Terence Hill und Bud Spencer in ihren Filmrollen nie – und wir auch nicht. Solche Entgleisungen sind ein No Go!

Astrid Schönweger

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