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Frauen als Flüchtlinge – eine andere Geschichte Teil 3

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In Teil 1 unseres Beitrages ging es um das Problem des Menschenhandels und der Prostitution von nigerianischen Flüchtlingsfrauen, in Teil 2 um die kulturelle und religiöse Einbettung, denen die nigerianischen Flüchtlingsfrauen ausgesetzt sind, heute geht es darum, wie frau als Freiwillige überhaupt helfen kann. Hier meine Gedanken zur Freiwilligenarbeit mit Frauen aus Nigeria.

 

Frauen, die aus Nigeria kommen, haben ihre guten Gründe, misstrauisch zu sein. Freiwillige, die sich mit ihnen beschäftigen wollen, sollten also viel Feingefühl aufbringen.

Eine der ersten Lektionen ist es, nicht nach der Geschichte der Frau zu fragen.

Denn die Geschichten der allermeisten sind schrecklich. Sie müssen sie verdrängen, um überleben zu können. Erst wenn viel Vertrauen aufgebaut ist, und das gelingt sehr selten, ist es möglich, darüber zu sprechen. Es ist aber auch nicht so wichtig.

Viel wichtiger ist, dass die Freiwilligen, die zum Großteil Frauen sind, begleiten, da sind, das tun, was sie können und was sie möchten, und am allerwichtigsten ist, dass sie keine falschen Hoffnungen wecken. Denn enttäuscht wurden die meisten von den Geflüchteten schon viele Male.

Diese Freiwilligenarbeit erfordert die Bereitschaft zu lernen. Zu lernen, mit sich selbst gut umzugehen, eine Balance zu finden zwischen Nähe und Distanz, sich ständig zu hinterfragen.

Es ist aber auch hilfreich, sich zu informieren über das Land, aus dem die Frauen kommen, ihre Gewohnheiten, ihre Prioritäten. Da tun sich neue Welten auf. Das kann spannend sein, anstrengend ist es auch.

Quelle: Pixabay

 

Viele der Frauen haben kleine Kinder, und die sind eine besondere Freude aber auch eine besondere Herausforderung. Denn alle Frauen wünschen sich nichts sehnlicher als Sicherheit, ein Dach über dem Kopf, eine Arbeit. Aber mit der Arbeit ist’s schwer. Denn Kinderbetreuung ist schon für eine alleinerziehende Einheimische nur zeitweise halbwegs gewährleistet. Zu den Tageszeiten, an denen es Putzjobs, und für die kommen Frauen aus Nigeria meistens in Frage, ist Kinderbetreuung fast nicht zu finden oder sehr teuer.

Ich habe in den drei Jahren Freiwilligenarbeit unheimlich viel gelernt und bin immer wieder an meine Grenzen gestoßen.

Die drastische politische Situation geht bedrohlich nahe, die skurrilen Reaktionen von Mitmenschen auf Leute mit dunkler Haut sind manchmal nicht leicht zu ertragen, viele bürokratische Hürden drohen den Schlaf zu rauben.

Quelle: Pixabay

 

Es gibt Konflikte mit Behörden, mit Vereinigungen, mit den Frauen selbst.

Und zu vielen Details ist es besser in der Öffentlichkeit zu schweigen, weil die Frauen und die Kinder geschützt werden müssen.

Ich durfte viel ehrliches Interesse erleben, aber auch sensationslüsterne Neugier, und ich habe erfahren, wie rasch man sich in den Mittelpunkt manövrieren kann, wenn man mit Flüchtlingsgeschichten aufzuwarten hat. Ich durfte aber auch interessante Menschen kennenlernen, Solidarität erleben, manchmal Fachkompetenz und ich konnte versuchen, in schlimm ausufernde Stammtischdebatten etwas Realität hineinzubringen und zu zeigen, dass es keinen Grund gibt, sich zu fürchten.

 

Privatarchiv Mumelter

Mein Name ist Renate Mumelter.
Ich bin Journalistin in Rente, Autorin diverser Publikationen.
Seit mehr als zwei Jahren bin ich als Freiwillige mit geflüchteten Frauen tätig, die zum Großteil aus Nigeria kommen.

Geboren 1954 in Bozen, Dr. phil. (Germanistik) an der Uni Innsbruck, Unterricht an Mittel- und Oberschulen (1973-87), Lektorin an der Uni Udine (1985), Mitarbeiterin Filmclub (1987-1989), Deutsches Blatt Alto Adige (1989-1996), Presseamt der Stadt Bozen. Seit 1993 Berufsjournalistin. Vorsitzende der Südtiroler Hochschülerschaft (1976/77), Gründungsmitglied der Filmschule Zelig (1988), Verwalterin des literarischen Nachlasses von Anita Pichler (gemeinsam mit Sabine Gruber). Seit 1972 publizistische Arbeit u.a.: Rai Sender Bozen, FF Südtiroler Wochenmagazin, Kulturzeitschrift Sturzflüge, Filmberichterstattung für die Neue Südtiroler Tageszeitung.

 

 

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