Das Frauenmuseum muss zwar derzeit noch geschlossen bleiben, doch hinter den Türen wird fleißig gewerkelt, geplant und vorbereitet. Heute laden wir euch ein, einen Blick durch das Schlüsselloch zu werfen, auf die nächste Ausstellung in der Gastvitrine.
„Das nachhaltigste Kleidungsstück ist das, welches wir schon haben.“ Ums Reparieren, Flicken und Wiederverwerten dreht sich die nächste Ausstellung in der Gastvitrine des Frauenmuseums. Julia Vontavon spannt den Bogen von der Handarbeit als tugendhafter weiblicher Tätigkeit bin hin zum Upcycling, als widerständigem Akt von heute.
Wer bist du? Magst du dich kurz vorstellen?
Ich bin Julia Vontavon und in Brixen aufgewachsen.
Schon als Jugendliche hat mich Mode als Ausdrucksform interessiert, damals noch Fast-Fashion von Großstadtbesuchen mit Second-Hand-Teilen vom Talferwiesen-Markt gemischt, hat sich dieses Interesse während meines Sprachstudiums in Wien vor allem auf die Massenproduktion und ihre Auswirkungen auf Mensch und Natur fokussiert.
Dabei sind mir Ressourcenschonung ein Hauptanliegen, weshalb ich mich seit der Rückkehr vom Studium breitgefächert mit Wiederverwertung befasse.
Um im textilen Bereich mehr Fähigkeiten zu haben, mache ich nun die Ausbildung zur Schneiderin in Meran.
Warum diese Ausstellung?
Die Idee zur Ausstellung kam im Zusammenhang mit der ecotex – Markt für faire und ökologische Kleidung. Durch die Mitarbeit beim RepairCafè Brixen als Schneiderin kenne ich die (Ehr-)Furcht der Besucher*innen vor dem Flicken der eigenen Kleidung, deshalb wollte ich passend zum Markt Ideen aufzeigen, wie die schon vorhandene Garderobe weiter und wieder verwendet werden kann. Von “stümperhaft” zu professionell, künstlerisch. Da – wie oben schon geschrieben – das nachhaltigste Kleidungsstück das ist, welches wir schon haben.
Was wird es zu sehen geben?
Neugedachte Kleidungsstücke wie ein Kleid aus Hemden oder ein Pullover aus Socken, sowie das Flicken als Fashion Statement.
Was bedeutet für dich flicken, reparieren, wiederverwerten?
Für mich sind diese Begriffe teil der Prosument*innen-Bewegung. Ich bin Konsumentin, aber gleichzeitig Produzentin, indem ich das was ich schon habe repariere, flicke und wiederverwerte, umändere. Dadurch eigne ich mir das Produkt mehr an, verstehe die Aufbauweise und bringe den schon verwendeten Ressourcen Wertschätzung entgegen. Das Interesse daran und die Fähigkeiten verschaffen mir Unabhängigkeit gegenüber der Konsum- und Wegwerfgesellschaft und sind auch Kritik daran, jetzt nicht nur auf Textilien bezogen.
Welche Rolle spielt dieses Thema in deinem Alltag?
In meinem Alltag bedeutet dies zum Beispiel, dass ich bei Zugfahrten Socken zum Flicken mithabe. Aber auch, dass ich ein großes Sammelsurium an noch verwendbaren Materialien habe. Wegwerfen ist selten eine Option, denn “Weg” gibt es nicht.
Außerdem organisiere ich mit Evelyn Fink vierteljährlich den “offenen Kleiderschrank” in Brixen, wo sogenannten Schrankleichen neue Besitzer*innen finden können.
Welches war dein letztes Upcyclingprojekt?
Momentan experimentiere ich wieder mit Jeans, doch es gibt noch kein Ergebnis. In letzter Zeit habe ich mehr geflickt, deshalb habe ich nur “neue” Socken.
Interview: Judith Mittelberger