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Corona-Krise: Männer entscheiden

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Als wir auf den Artikel „Kriegsherren, Erklärbären und Sonnyboys: Männer für die Krise“ im Magazin Übermedien gestoßen sind, wussten wir, auf den müssen wir in unserem Blog verweisen. Überall wo wir hinschauen, ob nun nach Rom oder nach Bozen, aber auch Wien oder Bonn, zurzeit sind ausschließlich Männer an der Führung zu sehen, die entscheiden, wo es in der Corona-Krise langgeht.

Aufgefallen ist das sicherlich einigen von uns, in Frankreich wurde es vom Gleichstellungsministerium thematisiert. Es rief ein Team für die Mission „Emanzipation in Krisenzeiten“ ein, das

in Zahlen fassen, wie viele Expertinnen in den Medien vorkommen, mit welcher Redezeit, zu welchen Sendezeiten. Auch die Redaktionen selbst sollen darauf abgeklopft werden, ob in der Krise Journalistinnen weniger entscheiden als vorher.

Auf die Ergebnisse dieser Untersuchung sind wir gespannt! Dass sonstwo auch noch solche Untersuchungen laufen, ist uns nicht bekannt, aber der Unmut regt sich… Der Untertitel im Artikel bringt es auf einen Punkt:

Frauen halten das System am Laufen, Männer erklären

Céline Calvez, ehemalige Unternehmerin und nun Abgeordnete für Macrons Partei LREM, wird zitiert:

Die Krise verstärkt, was schon vorher gut und was schlecht war. Es ist verrückt, alleine Männer zu befragen. Gerade jetzt, wo die Gesellschaft von Frauen an der Kasse, im Krankenhaus und im Altenheim hoch gehalten wird, ist dies ein Unding.

Durch den Lockdown sind Frauen sowieso wieder zurückgeworfen auf Küche und Kinder, haben meist noch das Home Schooling und die Freizeitbeschäftigung der Kinder neben dem Home Office über. Dass nun die politischen Entscheidung sowie auch die Medienberichterstattung in alte Rollenklischees zurückfallen, passt traurigerweise dazu. Im Artikel heißt es weiter

Zwar tut es allen leid, aber am Ende reproduziert sich das männlich dominierte System so immer wieder selbst: Männer empfehlen Männer, die dann auffallen und von Männern aufgegriffen werden. Die Medien sind dabei Helfershelfer der Ungleichheit. Gerade in Krisenzeiten scheint sich diese Reproduktionsschleife noch zu verstärken: Männer ziehen die Macht an sich.

Die Kommission hatte bald einmal Erfolg mit der Sichtbarkeit über die fehlende Präsenz der Frauen in der Corona-Krise. Bald darauf waren Frauen häufiger in Talkshows zu sehen und Premier Emmanuel Macron hat seitdem auch so manches Mal eine Virologin in die tägliche Corona-Pressekonferenz der Regierung geschickt.

Auch in Südtirol regt sich Widerstand

Am 21. April schrieb die Grüne-Landtagspolitikerin Brigitte Foppa auf ihrem Facebook-Account:

Uomini ovunque.Uomini con cravatta, uomini con mascherina. Uomini che gestiscono, che comandano, che discutono, spesso tra di loro.
Uomini che ci spiegano il mondo.

(Männer überall. Männer mit Krawatte, Männer mit Maske. Männer, die führen, kommandieren, diskutieren, oft unter sich. Männer, die die Welt erklären)

Auch sie stellt fest, dass Frauen in dieser Krise marginalisiert werden, während die männliche Präsenz verstärkt wird. Sie prophezeit, dass Frauen als erste Zuhause bleiben und als letzte zur Arbeit zurückkehren werden. Und die, die „draußen“ geblieben sind, in den schwierigsten Positionen ihre Stellung halten, ob nun in der Sanität, in der Altenpflege, in den Supermärkten, im Sozialen.

Aber zu sagen haben sie wenig. Sie fordert zur breiteren Diskussion auf, verlangt eine Gleichberechtigung in der Entscheidungriege.

Am vorigen Donnerstag hat sich nun auch der lokale Beirat für Chancengleicheit bei der nationalen Familienministerin darüber aufgeregt. Präsidentin Oberhammer beklagt, dass zwar die Rückkehr zur Arbeit, aber die Kinderbetreuung nicht geregelt wurde, was zu Lasten der berufstätigen Frau geht. „Ein zielführendes Maßnahmenpaket für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei notwendig. Auch der Beirat fordert Frauenpräsenz in den Entscheidungsgremien, gerade in der Task Force der Regierung, und die Anerkennung ihrer Leistung in den verschiedenen Bereichen. Dass die Südtiroler Landesregierung einen eigenen Weg für Südtirol einschlagen möchte, begrüßt der Beirat, verlangt aber auch da eine angemessene Vertretung von Frauen in den Gremien der Wirtschaftsverbände.

Italien: Wir wollen auch Expertinnen!

In Italien wurde eine Petition gestartet, in der Conte aufgefordert wird, in dem am 20. April gegründeten Technisch Wissenschaftlichen Komitee der verschiedensten staatlichen Einrichtungen auch Expertinnen hinzuzufügen, denn bislang hat er 20 Männer ernannt, aber keine Frau. Schon während der Corona-Krise wurden von 97 Personen gerade einmal 17 Frauen hinzugenommen, „obwohl es genügend Juristinnen, Wirtschaftsexpertinnen, Informatikerinnen gibt, ca. 70% des sanitären und sozialen Personals Frauen sind.“

Eine Antwort auf diese Krise, die Italien erwischt hat, kann nur mit der Einbindung der Frauen in die Entscheidungsprozesse erfolgen. Nur zusammen, Frauen und Männer, mit der Optik einer gleichberechtigten Demokratie, können langfristige Vorschläge ausgearbeitet werden, um zur Entwicklung unseres Landes beizutragen.

Weit über 7500 Personen hatten die Petition schon am Donnerstag unterschrieben, wer sie unterstützen möchte, hier unterschreiben.

Italienweite Protestaktion am 2. Mai

Jetzt ist auch eine italienweiter Protestaktion am 2. Mai geplant: „Gebt uns eine Stimme – dateci voce“.  Alle, die mitmachen wollen, sind aufgerufen, auf eine Gesichtsmaske den Aufruf zu schreiben und ein Foto in den sozialen Medien (auf Twitter, Instagram, Facebook u.a.m.) zu veröffentlichen.

Astrid Schönweger

Titelbild: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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