Meine lange Reise durch alle Frauenmuseen weltweit – es sind über 100! – führt mich in das nördlichste Frauenmuseum Europas, ins – Women’s Book Lounge – in Eyrarbakki (Island). Die Vision der Gründerin Anna Jonsdottir: Eine Sammlung von Büchern aller Isländischen Autorinnen aufzubauen.
Wie kommt eine Frau auf die Idee, in einem 500-Seelen-Dorf an der Südküste Islands, ein Frauenmuseum zu gründen?
“Als ich in einem Schloss in England einen Raum entdeckte, der Britischen Schriftstellerinnen gewidmet war, wusste ich gleich: Das möchte ich in Island für isländische Autorinnen auf die Beine stellen.
Ich begann, anderen von meiner Vorstellung zu erzählen und sie fingen an, mir Bücher zu bringen. Bald kamen sie von überall her, aus dem ganzen Land. Ich kaufte bisher kein einziges. Begonnen hat alles in meinem eigenen Haus, bis die Gemeinde mir 2 Räume zur Verfügung stellte, in denen ich am 25. April 2013 die Bücher-Lounge eröffnete. Es nahm sogar die jetzige Premierministerin, damals Kulturministern, teil.“
Die “sons” oder Söhne des Landes sind nämlich weit über die nationalen Grenzen hinaus bekannt, während die Töchter oder “dottirs” des Landes, nicht denselben Bekanntheitsgrad genießen. Anna Jonsdottir sagt Schluss dazu und bietet den Besucher*innen in der Bücher-Lounge zwischen über 3000 Werken von über 600 Autorinnen zu stöbern.
Anna Jonsdottir führt mich als erstes zu einer Vitrine, in der ein besonderer Schatz mit einem wunderschönen Einband präsentiert wird: Das älteste Stück ihrer Sammlung welches von Julianna Jonsdottir 1876 unter dem Titel Stulka (Mädchen) publiziert wurde – der Gedichtband der ersten Isländischen Lyrikerin. Anna Jonsdottirs Worten entnehme ich ihre stille Freude darüber, dass sie dieses Werk von ihrer ehemaligen Professorin der Universität geschenkt bekam.
Speziell für mich wählt sie das einzige Buch in Deutsch, das sie von einer Professorin bekam, die im Museum einen Vortrag gehalten hatte, und dessen Titel auf feministische Inhalte schließen lässt: Frauen, die lesen, sind gefährlich.
Was in Island nicht fehlen darf, ist ein Buch über Elfen und Trolle, mit typisch isländischen Illustrationen. Sein Titel Holdukonur bedeutet so viel wie: “Wesen, die sich verstecken, die nicht gesehen werden” und steht für Anna Jonsdottir symbolisch für jene Frauen, die lange Zeit unsichtbar blieben.
“Bei seiner Gründung war das Museum nicht als Kampfplatz für Frauenrechte gedacht. Trotzdem meinen viele Leute, dass ich mit meiner Arbeit etwas Ähnliches mache”,
erzählt sie in ihrer bescheidenen Art. Dem stimme ich zu, denn Frauen und ihre Werke publik und sichtbar zu machen, ist allein schon ein feministischer Akt.
Marianne Wimmer