Noch immer werden in vielen Ländern Produkte zur Menstruationshygiene wie Luxusgüter besteuert. Doch rund um die Welt regt sich erfolgreicher Widerstand gegen diese Steuer, die als ungerecht, sexistisch und sogar verfassungswidrig bezeichnet wurde. Wir schauen uns in unserem heutigen Tante Rosa-Artikel einige Länder im Vergleich an.
Frauen menstruieren im Alter zwischen ca. 10 und 50 Jahren durchschnittlich 500-mal meist einmal im Monat und verlieren dabei ungefähr eine kleine Espressotasse Blut. Ein großer Teil der Bevölkerung ist also auf den Kauf von Artikeln für Menstruationshygiene angewiesen. Dennoch werden diese Produkte in vielen Ländern nicht mit einem herabgesetzten Steuersatz für Grundgüter, sondern wie Luxusgüter besteuert. Die so genannte Tamponsteuer sorgt für Widerstand in Ländern in- und außerhalb Europas.
Europas Spitzenreiter in Sachen Besteuerung von Menstruationshygiene-Produkten ist Ungarn mit einem Steuersatz von 27 Prozent. Darauf folgen Dänemark, Kroatien, Schweden und Norwegen mit 25%.
In Großbritannien zahlen Konsumentinnen bereits seit 2011 nur mehr 5% Steuern auf Hygieneprodukte. Auch in Frankreich wurde die Steuer 2016 von 20 auf 5,5% gesenkt und Spanien plant noch in diesem Jahr die Steuer von 10 auf 4% zu senken.
In Schottland hat eine Erhebung ergeben, dass jede fünfte Frau Probleme hat, ihre Menstruationshygiene-Produkte zu finanzieren und das für Mädchen sogar ein Grund ist, nicht in die Schule zu gehen. Das Land hat reagiert und es stehen Schülerinnen und Studentinnen seit September 2018 auf Toiletten neben Klopapier und Seife auch kostenlose Hygieneartikel zur Verfügung.
Übrigens fand diese Idee, Binden und Tampons kostenlos auf Toiletten zur Verfügung zu stellen, auch Anklang in einigen Unternehmen in Österreich und auch das Frauenmuseum ließ sich davon inspirieren.
Auch Australien zieht nach, wo seit Jahresanfang die “Goods and Services Tax” in der Höhe von zehn Prozent auf Monatshygieneprodukte gestrichen wurde.
In Kanada und Indien wurde die Steuer auf Tampons und Binden sogar ganz abgeschafft.
Auch in zehn Bundesstaaten der USA zahlen Konsumentinnen keine Steuer auf Menstruationshygiene-Produkte. In den restlichen Bundesländern gehen Proteste indes weiter. Letzthin wird häufiger ein rechtliches Argument ins Feld geführt: Die Herabsetzung der Tamponsteuer ist keine Gefälligkeit oder Frage des Budgets, sondern eine rechtliche Voraussetzung. Nachdem diese Produkte nur von Frauen gekauft werden und für Frauen für einen Großteil ihres Lebens notwendig sind – um zur Arbeit, in die Schule zu gehen und in der Gesellschaft leben zu können – ist die Tamponsteuer eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und deshalb verfassungswidrig.
Die Proteste, Aktionen und Kritiken, die es in Italien gibt, haben wir in den vergangenen Monaten verfolgt und unterstützt: hier und hier könnt ihr darüber lesen.
Im Mai dieses Jahres wurde in Italien ein Antrag zur Herabsetzung der Steuer auf Binden, Tampons, Menstruationstassen usw. in der Kammer abgelehnt. Es hieß, die Mittel zur Senkung der Steuer von 22% auf 10 oder 5% seien nicht vorhanden.
Zur Erinnerung: 22% ist die übliche und zugleich höchste Steuerklasse, die auch für Autos, technische Geräte und Einrichtungsgegenstände gilt. Herabgesetzte Steuersätze gelten für Zeitungen, Bücher, Fleisch und – interessanterweise – für „tartufo und merendine“. Nun lässt sich sicher über die eine oder andere Besteuerung diskutieren, doch eines scheint vielen Kritiker*innen klar: Menstruieren ist kein Hobby und schon gar kein Luxus, es betrifft einen Großteil der Bevölkerung und die hierfür verwendeten Produkte sind eine Notwendigkeit.
Die deutsche Firma The Female Company macht auf diesen paradoxen Missstand mit einer humorvollen Aktion aufmerksam (Auch in Deutschland gilt die Luxussteuer auf Menstruationshygieneprodukte): „The Tampon Book – Das Buch gegen Steuerdiskriminierung“ ist ein Buch, das neben 46 Seiten mit spannenden Geschichten rund um Menstruation auch noch 15 Tampons enthält. Zu einem begünstigten Steuersatz von 7%! Das Buch ist nun schon in der zweiten Auflage ausverkauft, denn – wie die Firma festgestellt hat – „haben scheinbar aktuell sehr viele Frauen ihre Periode!“ 😉
Judith Mittelberger