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Brieffreund(innen)schaft als Lebensinhalt

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Freundschaft unter Frauen* gibt es schon lange. Länger als die traditionelle Geschichtsschreibung es uns wissen lässt.

Mit der tiefen Emotionalisierung und Aufwertung von freundschaftlichen Beziehungen im 18. Jahrhundert wurde dann aber endlich auch die Freundschaft unter Frauen immer öfter zum Thema – sei es mit einem Blick von außen darauf, sei es mit einem Blick von innen heraus.

Wie soll und kann man sich eine Freundschaft unter Frauen im endenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert nun aber vorstellen?

Aufgrund der herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse, der Vorstellungen rund um Geschlechterrollen und dem eingeschränkteren Zugang zu Mobilität war der Aktionsradius von Frauen in den meisten Fällen auf das Heim und die Nahe Umgebung begrenzt. Freundschaften basierten dementsprechend hauptsächlich auf einem intensiven Austausch über Briefverkehr, der, wenn möglich, durch mündliche Gespräche ergänzt wurde.

Foto: Archiv des Frauenmuseum, Meran

Heute möchten wir euch 2 Freundinnen aus dieser Zeit vorstellen: Luise Adelgunde Viktoria Gottsched (1713-1762) und Dorothea Henriette von Runckel. Wie an den Namen schon erkannt werden kann, handelt es sich um zwei Frauen der oberen Gesellschaftsschichten.

Die beiden Schriftstellerinnen lernten sich 1752 kennen und waren bis zum Tode Luises – d.h. 10 Jahre – befreundet.

Für Luise wurde der intensive Briefkontakt zum eigentlichen Lebensinhalt, der sie ihre Eheenttäuschung und Vereinsamung ertragen ließ. Sie fand im Austausch mit Dorothea ihre Freiheit und eine literarische Bühne, die ihr sonst im Schatten ihres Mannes (Johann Christoph Gottsched) verwehrt blieb.

In ihren schriftlichen Unterredungen erörterten die beiden Freundinnen neben ihren Alltagserfahrungen aber auch theoretische Fragen zu Freundschaft, Erziehung und Literatur.

Für Dorothea war die Freundschaft eine Ermutigung ihre Texte zu veröffentlichen. Sie übersetzte, verfasste Gedichte und Erziehungsschriften und publizierte nach dem Tod von Luise als Andenken an dieselbe einen Teil ihres gemeinsamen Briefverkehrs.

Bei all der (in den Briefen) erkennbaren Nähe, Vertrautheit und Übereinstimmung – persönlich getroffen haben sich die Freundinnen nur 2 Mal – was für eine Freundschaft!

Foto: Archiv des Frauenmuseum, Meran

Im nächsten Beitrag stellen wir euch ein Freundinnenpaar vor, dass das genaue Gegenteil verkörpert…

 

Yvonne Rauter

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