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“Vergessene“ Frauen* ins Licht rücken

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Harriet Tubman, Vera Zasulich, Nora Connolly O’Brien, Anna Mae Aquash, Ondina Peteani, Amparo Poch y Gascon, Adibeli Nduka-Agwu, lann hornscheidt, Alyosxa Tudor, Sara Ahmed, Elvira Coda Notari, Nawal El Saadawi, Antonia Masanello, Domitila Barrios de Chungara, Aletta Jacobs, Vera Brittain, Alfonsina Storni…

Wer von euch hat schon mal von diesen Frauen* gehört? Oder kennt ihre Geschichte? Habt ihr schon mal etwas über sie in Zeitschriften, Geschichtsbüchern, Social Media, Podcast oder Fernsehen gelesen oder gehört? Wurden sie euch im Unterricht vorgestellt?

Ich kannte viele dieser Frauen* bis vor wenigen Jahren und einige sogar bis vor wenigen Monaten – bis zur Recherchearbeit für die Sonderausstellung „Frauenfreundschaften“ – jedenfalls noch nicht.

Im ersten Moment kommt dann Wut und blanker Frust in mir auf!

Warum konnte ich diese Frauen*(gruppen), ihre Geschichte_n, Forderungen, Errungenschaften aber auch Fehltritte nicht schon früher kennenlernen? Warum wusste ich nichts von diesen Frauen*(gruppen)? Wie kann das sein? Bewege und arbeite ich doch in einem sehr feministisch geprägten Umfeld.

Wann und warum wurden und werden diese Frauen* vergessen? Von der Geschichtsschreibung, von lehrenden Personen, von Femi_nistinnen, vom kollektiven Gedächtnis…?

Theoretische Antworten darauf kann es viele geben – von einer patriarchal geprägten Erinnerungskultur, über einen bewussten Ausschluss aufgrund zu radikaler Ideen bis hin zur Tatsache, dass etwas oder jemand nicht als relevant erachtet wurde.

Das hilft (mir und meinem Frust) aber nur bedingt weiter, bietet es doch nur Erklärungen für die bestehende Situation und keine Änderungs- und Verbesserungsvorschläge für eine anders gestaltete Zukunft.

Es wäre aber kein Beitrag für die Kolumne #frustmachtlust, wenn ich nicht auch einen Blick in eine andere Richtung gefunden hätte.Den Frust über die Frage warum so viele Frauen*(gruppen) vergessen werden, versuche ich in Zukunft in einen aktivere Kraft umzuwandeln, indem ich mir dir Frage stelle: Was kann ich tun, damit Frauen*(gruppen) nicht (oder weniger) vergessen werden?

An mir arbeiten, offen sein für Inputs, Texte von und über Frauen*(gruppen) lesen, über sie erzählen und schreiben, mich aktiv erinnern, Geschichte_n (anders) erzählen…

Die vielen einzelnen Geschichten, die man kennenlernt, fordern eine*n immer wieder neue Perspektiven kennenzulernen, eröffnen neue Blickwinkel auf bisher nicht Bekanntes ebenso wie neue Perspektiven auf Altbekanntes und zwingen eine*n auch mal dazu, die eigene Position kritisch zu hinterfragen.

Es bleibt ein ständiger Lernprozess und ein ständiges An-sich-selbst-Arbeiten.

Belohnt wird man damit, dass mit jeder Geschichte, die dazukommt, das große innere Bild und das Gefühl für die Geschichte_n von Frauen wächst und immer mehr Verbindungen, Vernetzungen und vielleicht auch Verbundenheit sichtbar werden.Und was können wir alle gemeinsam tun, damit Frauen*(gruppen) nicht (oder weniger) vergessen werden?

Vielleicht könnte ein (physischer oder virtueller) Besuch der neuen Sonderausstellung „Frauenfreundschaften – Vom emotionalen Austausch bis zum Netzwerk“ im Frauenmuseum Meran ein erster Schritt sein? Oder – gerade jetzt im Lockdown – das Lesen, Filme oder Serien Schauen zu Themen und Geschichte_n rund um Frauen*(gruppen) oder sich kreativ damit zu beschäftigen?

Gerade in sehr bewegten und gleichzeitig sehr eingeschränkten Zeiten wie momentan können Geschichten, Erfahrungen und (Über-)Lebensstrategien von anderen Frauen*(gruppen) eine Bereicherung sein. Die 23 in der Sonderausstellung vorgestellten, ganz unterschiedlichen Freundinnenpaare und -gruppen geben einen Einblick in die Herausforderungen mit denen Frauen*(gruppen) zu unterschiedlichsten Zeitpunkten der Geschichte konfrontiert waren und machen die Bedeutung von Freund*(innen)schaft sichtbar. Diese Frauen*(gruppen) mit ihren Lebenswegen können uns Kraft, Mut, Freude und Inspiration geben zum Durchhalten, zum Verändern, zum Wachsen, zum (sich) neu Erfinden…

Und wir alle können aktiv dazu beitragen, dass die Geschichte_n dieser Frauen*(gruppen) nicht vergessen werden.

Denn auch wenn sie in der Geschichtsschreibung oder im kollektiven Gedächtnis oft keinen Platz finden, hält unsere Erinnerung (in welcher Form auch immer) sie lebendig.

Solange sie erinnert werden, werden sie nicht vergessen.

 

Yvonne Rauter

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