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Maubeschau – ein Menstruationsmalbuch

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Es ist wieder Neumond und Zeit für unsere Rubrik #tanterosa. Im heutigen Beitrag möchten wir euch ein etwas anderes Buchprojekt vorstellen. Und zwar das Malbuch von Jenz Mau, das sich auf künstlerische Weise mit einem Thema beschäftigt, das viele Frauen jedes Monat begleitet – die Menstruation. Im Interview gibt uns Jenz Mau Einblicke in das Buch und Ausblicke auf einen anderen persönlichen Zugang und Umgang mit unserem Körper.

Jenz Mau, würdest du dich uns kurz vorstellen? Wer bist du und was macht dich aus?

Ich bin Künstlerin und Pro Sex Feministin*. Meine Künstlerischen Projekte drehen sich gerne um gesellschaftliche Tabus, so habe ich z.B. als Darstellerin und Regisseurin in den letzten Jahre feministische, alternative Pornografie gemacht. Über das befreite Ausleben meiner Sexualität habe ich meine Emanzipation erlangt. Mir ist ganz besonders wichtig, Frauen zu stärken und sie zu unterstützen, sich selbst wertzuschätzen. Meine Themen sind Body Positivity, Weiblichkeit, Sexualität.

Portrait der Künstlerin Jenz Mau, mit ihrem Menstruations-Malbuch „Maubeschau“. Foto: Philipp Hannappel; www.philipphannappel.de
Wie kam es zu der Idee eines Menstruations-Malbuches?

Ich war eher so ein Tomboy als Jugendliche, ich habe meine Weiblichkeit verneint. Mit Menstruation wollte ich mich nicht groß beschäftigen und wurde jeden Monat wieder vom Einsetzen meiner Regel überrascht. Bis ich mich auf Anraten einer Freundin vor ein paar Jahren mit Hilfe einer Zyklus-App intensiver mit meiner Periode auseinandergesetzt habe.
Ich habe viele Kenntnisse über meinen Körper und meine Stimmungen erlangt. Und Wissen. Ich verstand mich selber besser und konnte mit meinen Gefühlen besser umgehen. Das habe ich via social media geteilt und gemerkt, dass es mir und anderen Frauen unglaublich gutgetan hat, sich darüber auszutauschen. Diese Auseinandersetzung wollte ich mit dem Buch auch anderen zur Verfügung stellen.

Was hast du entdeckt, als du dich begonnen hast, näher mit deinem Zyklus auseinanderzusetzen?

Ich habe meinen eigenen Rhythmus erkannt und konnte durch genaue Beobachtung dann sehr präzise sagen, wie ich wann drauf bin und was ich dann brauche. Zum Beispiel konnte ich genau sagen, wann ich meinen Eisprung habe. Um diese Tage herum stellte ich an mir fest, dass meine Haut immer reiner wurde, kein Pickelchen zu sehen waren. Meine Laune wurde besser, ich sah den schönen Männern häufiger hinterher und war abends noch mehr in Ausgehlaune als sonst.
„Aha!“, dachte ich, „So ist das also. Es ist mal wieder diese Zeit des Monats.“
Oder ich stellte fest, dass ich mich vier Tage vor meiner Blutung sozial völlig zurückzog und nicht mehr die Kraft und Lust hatte, mich mit anderen zu beschäftigen. Durch die Beobachtung war dies keine zufällige miese Laune, sondern eine Art Selfcare-Ritual, für das ich mich nicht schlecht fühlen musste. Ich war nicht grumpy (dt.: mürrisch), viel mehr zeigte mein Körper mir, dass ich nun Zeit für mich brauche, alleine zu sein, Gefühle zu reflektieren und sich liebevoll um den eigenen Körper zu kümmern. Dies sind Beispiele. Es ist einfach gut, sich selbst besser zu kennen, dann kann man liebevoll mit sich und seinem Körper umgehen und Aktivitäten im Außen dementsprechend planen.

Was enthält das Menstruations-Malbuch? Was kann man erwarten?

Im Buch sind 34 Zeichnungen enthalten zum Ausmalen, Übermalen, Weitermalen. Die Grafiken zeigen mit verschiedenen Vulven, Hygieneartikeln und Frauenbildern das Thema Menstruation. Die Anzahl deckt einen langen Zyklus ab, so könnte auch jeden Tag eines Zyklus‘ eine Zeichnung gefüllt werden. Dies als Gebrauchsvorschlag. Denn das Buch bietet viel Raum für das, was die Frau mitbringt und braucht, um auf ihre Forschungsreise zu gehen.
So ist gegenüber jeder Zeichenseite eine Seite frei gelassen, um zum Beispiel Tagebuch zu schreiben, zu zeichnen, einzukleben oder für Mindmap, Stichpunkte oder ähnliches. Das Buch ist da, sich selbst zu beschreiben. Vorweg ist noch ein einführender Text von mir zur Benutzung des Buchs, über die Entstehungsgeschichte und mit herausfordernden Aufgaben, um mit dem eigenen Körper auf Tuchfühlung zu gehen.

Foto: Philipp Hannappel; www.philipphannappel.de
Was bedeutet „Maubeschau“?

Als Jugendliche fanden ich und meine Schwester, dass es kein liebevolles Wort gab für unser Geschlecht. Die Begriffe waren entweder medizinisch oder Schimpfwörter. Also dachten wir uns unser eigenes Wort aus. Dies war Mau. Ein Wort mit liebevoll runden Klang und einer Portion Witz. Machen doch die Katzen, also Pussys, „Mau“. Das war unsere Art der Selbstermächtigung und es ließ sich viel leichter mit Freundinnen darüber sprechen. Der Buchtitel zollt dieser Zeit Tribut.

Was ist dein Ziel mit diesem Buchprojekt? Was möchtest du erreichen?

Ich möchte Frauen durch die intensive Beschäftigung mit ihrem Zyklus und dem ruhigen, meditativen Prozess des Zeichnens ermöglichen, Frieden mit ihrer Menstruation zu schließen. Ich möchte das Thema auf positive Weise in die Öffentlichkeit unserer Gesellschaft tragen und damit dem Stigma des peinlich, ekligen Tabus entgegenwirken.

Welche Botschaft möchtest du an unsere Leser_innen weitergeben?

Dein Körper ist genau richtig, so wie er ist. Liebe ihn und höre ihm gut zu. Lass deinen Zyklus dir ein Kompass sein, dass du besser fühlst, was du brauchst. Alle Emotionen sind richtig. Lass sie raus.

 

*Der Pro-Sex-Feminismus oder sexpositive Feminismus entstand in den 1970er Jahren als Teil der feministischen Bewegungen. Zentrales Anliegen war es das bestehende Bild von Sexualität zu verändern. Heute steht die „sexpositive Bewegung […] auf einer breiten Basis und lässt sich mit folgenden Merkmalen aus den Bereichen Gesundheit, Sexualität, feministische Pornografie, Sexarbeit und BDSM beschreiben: Sexuelle Freiheit ist Bestandteil der allgemeinen Freiheitsbestrebungen. Zur Ausübung dieser Freiheit ist ein freier Zugang zu sexuellen Informationen unabdingbar. Einvernehmliche sexuelle Aktivitäten zwischen Erwachsenen – und es existiert eine unendliche Vielfalt an Sexpraktiken – bedürfen keiner Regelung und keiner Bewertung von außen. Sex ist keine Naturgewalt, sondern wie Geschlecht, Identität und Anatomie konstruiert. Wissen macht sexpositiv und Sex können wir lernen.“

Die Rubrik #tanterosa, einmal im Monat mit Tipps und Infos

Interview: Yvonne Rauter & Judith Mittelberger

 

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