Nun ist es wieder Zeit für die Rubrik #leselust. Ulrike Steinhäusl schreibt heute über die Trilogie „Kindheit“, „Jugend“, „Abhängigkeit“ von der dänischen Schriftstellerin Tove Ditlevsen.
“Die Kindheit ist lang und schmal wie ein Sarg, aus dem man sich nicht allein befreien kann.“
Mit diesem erstaunlichen und düsteren Satz beginnt das sechste Kapitel des Bandes „Kindheit“ der dänischen Schriftstellerin Tove Ditlevsen (1917 Kopenhagen – 1976 Kopenhagen). Ein Satz gemacht wie für die ersten Verse eines Gedichtes. Poetin war diese Frau in erster Linie und als Dichterin des Volkes aus dem Arbeitermilieu ist sie in Dänemark auch populär. So gut wie unbekannt war sie jedoch im Ausland bis zum jüngsten Erscheinen der Trilogie von Kopenhagen, einer Art Memoiren, die auf Deutsch in drei kleinen Bänden mit den Titeln „Kindheit“, „Jugend“ und „Abhängigkeit“ herausgegeben wurde.
Man kann die Bücher zwar getrennt lesen, aber die kontinuierliche Lektüre aller drei hilft den Lauf eines kompliziert gewundenen Lebens besser zu verstehen. Die Prosa von Ditlevsen hypnotisiert einen von den ersten Seiten weg; nackt, ironisch, lapidar, faszinierend durch das völlige Fehlen von Rhetorik, trotzdem, oder gerade deshalb, stellenweise zutiefst poetisch und ergreifend.