„Jede Vorstellung wird mit ihrer Form geboren.“
Meret Elisabeth Oppenheim wurde am 6. Oktober 1913 in Charlottenburg bei Berlin geboren und zählt zu den bedeutendsten Künstlerinnen des Surrealismus. Ihre familiären Wurzeln reichen in die Schweiz, wo sie auch den Großteil ihres Lebens verbrachte. Ihr Vater, Erich Alfons Oppenheim, war ein deutsch-jüdischer Arzt, ihre Mutter Eva Wenger stammte aus einer bekannten Schweizer Künstlerfamilie – ihre Großmutter Lisa Wenger war Malerin und Kinderbuchautorin. Schon früh kam Meret mit Kunst und Literatur in Berührung, unter anderem durch den Schriftsteller Hermann Hesse, der mit ihrer Tante Ruth Wenger verheiratet war.
Während des Ersten Weltkriegs zog Meret mit ihrer Mutter nach Delémont zu den Großeltern. Die Familie lebte später in Steinen bei Lörrach, nahe der Schweizer Grenze. Ihre Schulzeit war geprägt von häufigen Wechseln: Sie besuchte unter anderem die Rudolf-Steiner-Schule in Basel und das Zinzendorf-Mädcheninternat in Königsfeld. Ihre Lieblingsfächer waren Deutsch, Geschichte, Zeichnen und Naturkunde.
1932 reiste Meret Oppenheim mit ihrer Freundin Irène Zurkinden nach Paris, wo sie in die Kreise der Surrealisten um André Breton, Alberto Giacometti und Hans Arp aufgenommen wurde. Ihre Werke beeindruckten die Szene, und sie stellte im Salon des Surindépendants aus. 1933 wurde sie von Man Ray in der berühmten Fotoserie „Érotique voilée“ porträtiert, was ihr den Ruf der „Muse der Surrealisten“ einbrachte.
Ihr bekanntestes Werk, „Déjeuner en fourrure“ (1936), eine mit Pelz überzogene Kaffeetasse samt Untertasse und Löffel, wurde zum ikonischen Symbol des Surrealismus und vom Museum of Modern Art in New York angekauft. Weitere provokante Werke wie „Ma Gouvernante“ – ein Paar umgedrehter weißer Pumps auf einem Silbertablett – thematisierten die Rolle der Frau und gesellschaftliche Zwänge.

Trotz ihres Erfolgs fühlte sich Oppenheim oft auf die Rolle der Muse reduziert. Sie kehrte 1937 nach Basel zurück, besuchte die Kunstgewerbeschule und arbeitete als Restauratorin. In dieser Zeit litt sie unter Depressionen und einer tiefen Schaffenskrise, die sie später als Ausdruck jahrtausendealter Diskriminierung der Frau beschrieb.
1949 heiratete sie Wolfgang La Roche, mit dem sie bis zu dessen Tod 1967 verheiratet blieb. In den 1950er Jahren fand sie zu neuer künstlerischer Kraft: Sie malte, entwarf Schmuck und Möbel, schrieb Gedichte und Prosa. Ihr Werk war geprägt von Themen wie Metamorphose, Natur, Traum und Magie. Sie ließ sich stilistisch nie festlegen und forderte für sich und ihre Kunst absolute Freiheit.
Meret Oppenheim wurde in den 1960er Jahren mit Retrospektiven in Stockholm und später auch in der Schweiz und Deutschland wiederentdeckt. Sie starb am 15. November 1985 in Basel. Ihr vielschichtiges Werk und ihre kompromisslose Haltung machen sie bis heute zu einer Ikone der modernen Kunst.
