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Frauen im Badefieber

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Nach der Publikation für die lokale Zeitschrift „Meraner Stadtanzeiger“, freut sich das Frauenmuseum nun einige der Beiträge dieser Frauenkolumne, auch auf dem eigenen Blog zur Verfügung stellen zu können. Nochmals danke dem Meraner Stadtanzeiger für die Zusammenarbeit, bei Bedarf kann der Artikel auch heruntergeladen werden: https://www.meraner.eu/blaettern/2022/04#seite/21

Meraner Frauen von gestern und heute 

Sarah Trevisiol

Meran, das prächtige Kleinstädtchen inmitten der Alpen, verbirgt eine vielseitige und weltoffene Geschichte, welche zum Teil auch von Frauen geprägt und geschrieben wurde. In dieser Kolumne werden wir den Stimmen und Erfahrungen einiger Meranerinnen Gehör verleihen, die das Gesellschaftsleben und Stadtbild Merans mitgestaltet haben oder immer noch tun.

Frauen im Badefieber

Schwimmen war für Frauen lange Zeit nicht wirklich möglich. Geschweige denn wie es heute abläuft: in luftiger Bademode und in gemischten Schwimmanlagen. Zwar weisen mehrere Hinweise darauf, dass Frauen in der Antike Bikini-artige Kostüme trugen und Zugriff zu öffentlichen Bädern hatten, dennoch veränderte sich das Blatt rapide mit Einbruch der Renaissance (1400-1600), als unheilbare Geschlechtserkrankungen nach Europa kamen und alle Badehäuser geschlossen wurden. Im Barock (1600-1720) galt das Baden sogar als gefährlich und krankheitsfördernd und wurde deshalb buchstäblich verboten. Die Kleidung wurde gereinigt, der Körper sollte hingegen vom Baden so gut wie möglich verschont bleiben. Es galt als äußerst schick, sich nur zu pudern anstatt zu waschen. Mit der Aufklärung (1720-1785) wurde das Waschen nach und nach wieder akzeptiert und im 19. Jahrhundert kam es endlich zur Widereröffnung von öffentlichen Waschanstalten. Öffentliche Schwimmbäder entstanden meist neben Flüssen, so auch das Turner Schwimmbad in Meran, welches 1887 eröffnet wurde und 1931 vom Meraner Lido ersetzt wurde. „Das eiskalte Wasser der Bäche machte das Vergnügen oft zu einer eiskalten Angelegenheit“, schreibt Paul Rösch in seinem Buch Meraner Badegeschichten, „deshalb gab es meist ein Vorbecken mit leicht temperierten Wasser (sogenannte Vorwärmer die eine Temperatur von maximal 14 Grad hatten)“.

In den Anfangszeiten gab es im Meraner Lido auch Bademeisterinnen, meist italienischsprachige Frauen, die sowohl fürs Saubermachen der Kabinen zuständig waren, als auch jegliche Unsittlichkeit in den Kabinen vorgebeugt haben. In den katholischen Reihen wurde das Aufeinandertreffen von Männern und Frauen in Badebekleidung nämlich als große Gefahr empfunden und die Kirche verdammte das Schwimmen als unmoralisch. Ab 1931 wurde sogar ein Polizist eingestellt, der für die Moral im Lido zuständig war, so z.B. sollte er die Verschließung der Löcher an den Wänden der Kabinen veranlassen und die richtige Stoffmenge der Badebekleidung genauestens abmessen. In dieser Zeit entwickelte sich immer mehr der Drang zum Sonnenbaden und somit auch der Wunsch, mehr Haut zu zeigen. Lange Zeit wäre das unvorstellbar gewesen: Blässe galt nämlich lange als attraktiv und weibliche Badeanzüge (aus dem 19.Jh.) bestanden aus Hosen, Badestrümpfen, Badeschuhen, Korsett, Tunika, Badehaube und Hut. Einteilige Trikotanzüge wurden von Frauen und Männern erst ab den 20er Jahren getragen, jedoch bestanden sie aus Baumwolle oder Wolle und brauchten daher ewig um nach dem Bad zu trocknen. Verkleinerungen der Badekostüme wurden immer wieder von großem moralischen Bedenken gekennzeichnet, deshalb beschlossen in den 30er Jahren, viele Länder strenge Regeln, wie weit ein Badeanzug ausgeschnitten sein durfte und was er unbedingt zu bedecken hatte.

Karin und zwei Freundinnen in den 60er Jahren

Die Bademode wurde trotzdem immer anliegender und knapper und 1949 brach der Boom des Bikinis aus. Karin aus Meran, heute 80 Jahre jung, erinnert sich noch gut an diese Zeiten. „Mit meinen Freundinnen haben wir uns Bikinis einfach selbst hergestellt, wir hatten ja kein Geld dafür, deshalb wurden einfach gewöhnliche BHs überzogen und schon waren wir Bade-reif. Wir wollten ja den feschen jungen Männern, die täglich Flugball (heute Volleyball) im Lido spielten, imponieren. Ich würde sagen es hat geklappt, im Schwimmbad sind nämlich mehrere Ehen entstanden, unter anderem meine, welche glücklicherweise bis heute Stand gehalten hat.“ Moral und Sittlichkeit standen im Meraner Lido über mehrere Zeiträume hinweg ganz groß auf der Agenda. Dennoch fanden die Besucher*innen immer wieder Möglichkeiten sich Freiräume zu verschaffen. Karin erzählt, wie sie und ihre Freundinnen sich immer wieder umzogen. „Sobald der Polizist uns mit Pfeife aus dem Schwimmbad hinauswies, weil wir Bikinis trugen, zogen wir uns schnell einen ganzheitlichen Badeanzug an und betraten erneut die Badeanlage. Das ging oft mehrere male pro Tag so, fast wie ein kleines Wetteifern.“ Deutschsprachige Frauen schlugen getrennte Öffnungszeiten für Männer und Frauen vor, wobei die getrennten Turnusse nicht lang stand hielten. 1952 löste sich dann schlussendlich das Problem der Sittlichkeit: Im Lido wurde nämlich der Schönheitswettbewerb Miss Italia organisiert und die Finalistinnen zeigten sich alle im Badeanzug – zum Teil auch im Bikini. Der Vorhang fiel und seitdem gibt es keine großen Verbote oder Vorgaben für die Besucher*innen: Alle dürfen sich frei bewegen und anziehen und natürlich Baden.

Miss Italia Schönheitswettbewerb in Meran, 1952 @Palais Mamming Museum
Spiel und Spaß im Becken @Palais Mamming Museum
Der Polizist in Sommeranzug @Palais Mamming Museum
Das frostige Wasser der Passer, 1932 @Palais Mamming Museum

 

 

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