An jedem ersten Tag des Monats stellen wir euch unsere #ichfraudesmonats vor. Wir machen damit starke und tolle Frauen aus Südtirol sichtbar, die sich ungewöhnliche Berufe und Lebenswege ausgesucht, Bahnbrechendes geleistet haben oder Wellenbrecherinnen für andere Frauen sind. Es geht darum, wie sie bewusst eine Rolle für sich auswählen.
Unsere #ichfraudesmonats April ist Anna Ladurner aus Kaltern. Die 22-jährige Powerfrau arbeitet im Gasthaus “Christl im Loch” ihrer Mutter, nebenberuflich selbständig als Grafikerin und ist außerdem leidenschaftliche Bodybuilderin. Im Interview erzählt uns Anna Ladurner über ihre Leidenschaft zum Bodybuilding, über Erfolge, Herausforderungen und was sie Tag für Tag antreibt, weiter ihren eigenen Weg zu gehen.
Wie würdest du dich selbst beschreiben?
Zu meiner Person, ich bin ein zielstrebiger, strukturierter, routinierter Mensch. Ich bin sehr direkt und wenn mir etwas nicht passt, sage ich es auch wie ich es meine! Ich hasse es aber, wichtige Entscheidungen zu treffen, da mich das immer zum Nachdenken bringt, wo ich den größeren Vorteil ziehen kann.
Wie würdest du Bodybuilding in einem Satz beschreiben?
Bodybuilding ist für mich eine Lebenseinstellung!
Dazu gehört für mich ein strukturierter Alltag, Training, Essen, Supplementierung, Geduld, Disziplin und die Beständigkeit.
Wann hat deine Leidenschaft für diesen Sport begonnen? Und wie können wir uns dein Training vorstellen?
Ich war eigentlich immer ein Sportmuffel und eher robuster gebaut. Mit 15 Jahren habe ich das erste Mal ein Fitnessstudio betreten, mit einem damaligen Freund. Dies hat mich aber unter Druck gesetzt, da mein damaliger Freund es gerne „wollte“, dass ich ins Studio gehe. Man sollte den Sport für sich und nicht für jemand anderen machen!
Später bekam ich mehr und mehr Interesse für den Sport, las mich in viele Bücher ein und informierte mich anhand von Videos und persönlichen Kontakten. 2018 änderte ich meinen Lebensstil komplett. Ich begann mehr und mehr auf meine Ernährung zu achten und sammelte Erfahrungen. 2019 entschied ich mich, an Wettkämpfen teilzunehmen, trainierte immer schwer, fünf mal in der Woche und hielt mich an meinen Ernährungsplan, den ich mir anhand meines eigenen angeeigneten Wissens ausgearbeitet hatte.
Im Juli 2020 suchte ich mir einen Trainer in Deutschland. Von meinem Trainer, Thomas Holzer, bekomme ich seither immer meinen individuell angepassten Ernährungsplan sowie Trainingsplan.
Zur Zeit trainiere ich auch 5 mal die Woche, immer am Limit und absolviere 4 mal die Woche morgens, nach dem Aufstehen, 30 Minuten Ergometer.
Wie ergeht es dir als Frau in einem sehr männlich geprägten und dominierten Sport? Welche positiven und negativen Erfahrungen hast du gemacht?
Ich bekomme mehr Positives mit, da dieser Sport bei uns in Südtirol nicht so vertreten ist, schon gar nicht unter Frauen. Die Außenstehenden schätzen die Beharrlichkeit, Disziplin und Denkweise.
Seit ich diesen Sport betreibe, konnte ich nur Positives gewinnen. Ich bin viel selbstbewusster geworden. Ich weiß noch genau, als ich begonnen habe, schämte ich mich oftmals im Fitnessstudio Übungen auszuführen bzw. fühlte mich beobachtet. Durch das Selbstbewusstsein kommt so eine Situation nicht mehr vor.
Oftmals wurde ich in meiner Schulzeit auch ausgelacht, wenn ich mein eigenes Essen in Tupper-Dosen mit gebracht habe. Aber mir war das immer ziemlich egal, weil ich einfach meinem Ziel Tag für Tag näher kommen wollte!
Was bedeutet für dich Frau-Sein?
Gepflegtes Äußeres, inneres Wohlbefinden und Selbständigkeit, unabhängig sein von anderen Menschen.
Jegliche Kleidung sei es sportlich, sexy, oder elegant zu tragen.
Welche Bedeutung nimmt dein Körper in deinem Leben ein? Und hat sich daran über die Jahre hinweg etwas verändert?
Bodybuilding ist ein Präsentationssport und logischerweise spielt der Körper dabei eine sehr wichtige Rolle.
Das Jahr wird bei mir sozusagen einmal in Muskelaufbau (wo ich mehr esse, als verbrauche) und einmal in Wettkampfvorbereitung (Diät) eingeteilt. Somit erlebt man den eigenen Körper in verschiedenen Phasen. Jede Phase hat ihre Vor- und Nachteile.
Mein komplettes Mindset hat sich in den letzten Jahren verändert. Ich verlasse gerne meine Komfortzone, um mich neuen Ereignissen zu stellen.
Hattest du jemals Bodyshaming erlebt? Was bedeutet für dich Bodyshaming?
Bodyshaming habe ich schon in jungen Jahren erlebt. Da ich früher ein bisschen übergewichtig war, wurde ich oft gemobbt. Ich lies mir aber nie etwas anmerken und blieb stark, auch wenn es mich oft tief getroffen hat.
Seit ich Sport betreibe, habe ich selten Bodyshaming erlebt. Aber es gibt immer Personen, die etwas zu kritisieren haben – „Das ist schon zu viel!”, “Das ist doch nicht mehr schön!“… Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Nicht jedem kann man es recht machen.
Bodyshaming ist für mich jegliche abwertende Äußerung über das Aussehen einer Person.
Gold bei der Int. Bayrischen Meisterschaft 2021, Silber bei der Int. Süddeutschen Meisterschaft 2021, Bronze bei der Int. Deutschen Meisterschaft 2021 – du warst letztes Jahr sportlich sehr erfolgreich. Was sind deine nächsten Ziele? Worauf arbeitest du hin?
So eine erste erfolgreiche Wettkampfsaison habe ich mir echt nicht erwartet.
Meine jetzigen Ziele sind bis ca. Juli meine Aufbauphase zu machen und dann mit meiner Wettkampfvorbereitung für die kommende Weltmeisterschaft in Spanien zu beginnen.
Weitere Wettkämpfe habe ich noch nicht mit meinem Coach besprochen. Gerne kann man aber meine Vorbereitung und meinen Alltag auf meinem Instagram Kanal – @pumping_ann – verfolgen.
Was ist für dich Erfolg?
Erfolg ist für mich, Teilziele zu erreichen, die mich schließlich zum Hauptziel führen. Erfolg ist für mich aber auch, über sich hinauszuwachsen bzw. die Komfortzone zu verlassen.
Wen bewunderst du?
Vorbilder auf Anhieb gibt es nicht für mich. Sicher finde ich viele Menschen toll oder beeindruckend. Ich kann mir aber nicht vorstellen jemand Anderes zu sein. Ich versuche die beste Version meiner selbst zu sein!
In der heutigen Zeit mit den vielen Social Media Plattformen, werden immer gewisse Personen als Vorbilder gesehen – was ich an sich auch nicht schlecht finde – aber viele wollen dann genau so sein wie ihre Vorbilder, was oft z.B. schon genetisch, vom körperlichen Aufbau nicht möglich ist.
Welche Lebensweisheit hast du im letzten Jahr gewonnen?
Geduld! Denn dieser Sport braucht einfach Geduld. Es geht nicht von einen Tag auf den anderen z.B. Muskeln aufzubauen oder abzunehmen. Aber das ist auch das Schöne daran. Der Weg zum Ziel mit Geduld ist eine sehr schöne Erfahrung. Auch wenn es manche Hürden oft gibt, wächst man schlussendlich durch diese.
Was ist dein Lebensmotto?
Seinen eigenen Weg gehen. Mit Disziplin, Entschlossenheit und Willenskraft ist nichts unmöglich!
Interview: Yvonne Rauter