Doris Lessing wurde am 22. Oktober 1919 in Kermanschah im damaligen Persien (heute Iran) geboren. Ihre Eltern waren britischer Herkunft – der Vater ein ehemaliger Offizier, die Mutter eine Krankenschwester. 1925 zog die Familie nach Südrhodesien (heute Simbabwe), wo Doris auf einer Farm aufwuchs. Die Erfahrungen in der Kolonie prägten sie tief und flossen später in viele ihrer Werke ein.
Schon früh entwickelte sie ein kritisches Bewusstsein gegenüber kolonialen Strukturen, gesellschaftlichen Konventionen und patriarchalen Normen. Nach zwei Ehen – die zweite mit dem deutschen Emigranten Gottfried Lessing – und der Geburt dreier Kinder ließ sie sich in London nieder, wo sie sich ganz dem Schreiben widmete.
Ihr literarischer Durchbruch gelang ihr 1950 mit dem Roman *The Grass is Singing*, der das Verhältnis zwischen Weißen und Schwarzen in Südrhodesien thematisiert. International bekannt wurde sie vor allem durch *The Golden Notebook* (1962), ein vielschichtiges Werk über weibliche Identität, psychische Fragmentierung und politische Ideale. Es wurde zu einem Schlüsseltext der feministischen Literatur.
Lessing war eine vielseitige Autorin, die sich nicht auf ein Genre festlegen ließ. Neben realistischen Romanen schrieb sie auch Science-Fiction, etwa die *Canopus in Argos*-Reihe, in der sie gesellschaftliche Entwicklungen aus einer kosmischen Perspektive betrachtete. Ihre Werke zeichnen sich durch psychologische Tiefe, politische Schärfe und formale Experimentierfreude aus.
2007 wurde Doris Lessing mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet – als älteste Preisträgerin in der Geschichte des Preises. Die Schwedische Akademie würdigte sie als „Epikerin weiblicher Erfahrung, die mit Skepsis, Feuer und visionärer Kraft eine geteilte Zivilisation untersucht hat“.
Doris Lessing starb am 17. November 2013 in London. Ihr literarisches Werk bleibt ein bedeutender Beitrag zur Weltliteratur – mutig, unbequem und stets auf der Suche nach Wahrheit.
