Das Baden im Meer ist etwas völlig Neues und obwohl Ärzte das Nacktbaden empfehlen, fordern die Moralvorstellungen jener Zeit eine rigorose Trennung der Geschlechter und den Körper verhüllende Badekleidung. Die sogenannten Badekarren, von Pferden ins Wasser gezogen, erfüllen im 19. Jahrhundert den Wunsch nach solch gesittetem Badevergnügen vorzüglich: Abgeschirmt von neugierigen Blicken kann man ungestört baden und sich außerdem im Anschluss umziehen oder sich auch nur zurückziehen bei Bedarf.

Die Badekleidung der Damen wiederum ist anfangs, etwa um 1860, aus schweren, dunklen Baumwollstoffen gefertigt und besteht aus einem langen Badekleid, in dessen Saum Gewichte eingenäht sind, um den Auftrieb des Kleidungsstückes zu verhindern, Badestrümpfen und Wollstrümpfen, komplettiert durch eine Badehaube aus gewachster Baumwolle. Man kann sich vielleicht vorstellen wie einschränkend derartige Kleidung gewesen sein muss und nicht wenige Damen müssen vor dem Ertrinken gerettet werden oder bezahlen ihren Wunsch, sich im Meer zu vergnügen, mit dem Leben.

Etwas später, um 1880, kommen Badeanzüge im Matrosenlook auf: Diese knielangen Badeanzüge, nun aus leichteren Wollstoffen oder Seide gefertigt, werden außerhalb des Wassers mit einem Rock komplettiert, außerdem werden Kniestrümpfe und Badeschuhe dazu getragen. In dieser Zeit beginnt auch der Bade-Tourismus: In Italien etwa um 1880, in anderen europäischen Staaten wie Frankreich schon etwas früher.

Wie so oft, bleibt von diesem exklusiven Vergnügen der Großteil der Bevölkerung ausgeschlossen, kann er sich weder kostspielige Reisen an angesagte Kurorte noch teure Badekleidung leisten und so entstehen zu Beginn des 20. Jahrhundert als Gegenbewegung die Freikörperkultur und das Nacktbaden im Meer.
Doch zurück zur Bademode: Bei sportlichen Wettkämpfen tragen Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts einteilige Badeanzüge, die im nassen Zustand die Körperformen abzeichnen und als unsittlich gelten. Die australische Schwimmerin Annette Kellermann, die als eine der ersten Frauen einen solchen Badeanzug trägt, wird 1907 in Boston wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet und vor ein Gericht gestellt.

Diese für damalige Verhältnisse sehr freizügigen Badeanzüge sind aus Wolljersey, manchmal auch aus Baumwolljersey gefertigt, werden immer noch mit Strümpfen kombiniert und setzen sich nur langsam durch. Der Vorteil dieses Materials ist, dass es blickdicht ist, allerdings trocknet es sehr langsam. Die vorherrschenden Farben für Bademode sind Rot, Blau, Schwarz und Weiß.
Erst ab den 1920er-Jahren beginnen Frauen, figurbetonte Badeanzüge zu tragen und auf die Badestrümpfe zu verzichten: Die Rückenausschnitte werden immer tiefer, die Farben heller und fröhlicher, Seide als Material populär. Weite, überlange Bademäntel, sowie Sonnenschirmchen aus Seide, Baumwolle oder Papier schützen nach dem Bad nicht nur vor intensiver Sonneneinstrahlung, sondern auch allzu aufdringlichen Blicken.


In Deutschland erlebt die Bademode 1932 mit dem preußischen Zwickelerlass einen Rückschritt: Sind zu Beginn der 1930er Jahre zweiteilige Badeanzüge angesagt – ein kurzer Rock oder ein miederartiges Höschen kombiniert mit einer Art BH -, müssen Badeanzüge nun an der Vorderseite den Körper vollständig bedecken, sowie angeschnittene Beine und einen Zwickel haben, außerdem darf am Rücken der Ausschnitt nicht über die Schulterblätter reichen.
Ende der 1930er-Jahre werden Modelle mit integriertem Büstenhalter entwickelt, und Spaghettiträger und Neckholder sind typische Merkmale der Badebekleidung dieser Zeit. Koordinierte Blusen, Röcke und Taschen komplettieren das Bade-Outfit jener Zeit.
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und der Verknappung der Rohstoffe kommt die Produktion von Bademode zum Erliegen, bzw. führt zu einer Verkleinerung der Badeanzüge, vor allem in den USA werden für damalige Verhältnisse recht knappe zweiteilige Badeanzüge getragen.

Wie es nach dem Zweien Weltkrieg weitergeht und wann der erste Bikini auf den Markt kommt, erzähle ich Euch im dritten Teil der Reihe.