Einen Artikel über Ingrid Loschek zu schreiben, ist gar nicht so einfach – nicht, weil es nichts zu schreiben gäbe, sondern vielmehr, weil ihr Schaffen so umfangreich war und nicht in wenigen Sätzen erzählt werden kann.
Außerdem ist die Kostümhistorikerin, Modetheoretikerin und Professorin wohl den wenigsten bekannt und das ist schade: Ihr Anliegen, Mode erklärbar und einem breiten Publikum zugänglich zu machen, findet bis heute in modeaffinen Kreisen Zuspruch, sehr selten aber darüber hinaus.
In Wien am 9. Februar 1950 geboren, studierte Loschek in Wien, London und Manchester Theaterwissenschaften, sowie Kostüm- und Kunstgeschichte. Ab 1995 lehrte sie an der Hochschule für Gestaltung, Technik und Wirtschaft in Pforzheim Modegeschichte und Modetheorie. Als Gastprofessorin war sie u. A. an der Harvard University und an der Japan Women´s University tätig. In zahlreichen internationalen Vorträgen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Mode versuchte Ingrid Loschek, Mode den Menschen näher zu bringen, über das „Modische“ hinaus.
1998 wurde ihr der Modeinitiativpreis der Kulturfördergemeinschaft der Europäischen Wirtschaft in Krakau verliehen. In der Laudatio hieß es u. A.: „Sie hat Mode- und Kostümgeschichte als wissenschaftliche Disziplin überhaupt erst etabliert.“ Und genau dieser Satz erklärt, worum es Ingrid Loschek ging und was ihre Arbeit ausgemacht hat.
Ingrid Loschek hat in Sachen Mode Pionierarbeit geleistet, indem sie einerseits Modeströmungen vergangener Jahre analysiert hat und sie andererseits in einen Kontext mit geschichtlichen und sozialen Entwicklungen gestellt hat. Besonderes Augenmerk hat sie auf die Zeit um/ab den Weltkriegen gelegt, da ihr in ihrer Arbeit aufgefallen war, dass Recherchen und Studien zu Mode nur bis ca. 1945 reichten.
Mode hatte für sie nicht nur mit Selbstdarstellung zu tun, sondern diente vor allem dazu, Gruppenzugehörigkeit auszudrücken und als logische Konsequenz betrachtete sie Mode nicht isoliert, sondern stets im Zusammenhang mit sozialen Entwicklungen. Die Behauptung, Mode sei oberflächlich, wies sie entschieden zurück. Vielmehr betrachtete sie sie als Kunstform und wurde nicht müde, die Wechselwirkung zwischen Mode und Kunst, sowie die Nähe zur Architektur zu betonen.
Im Laufe der Jahre hat Ingrid Loschek ein umfangreiches Archiv, bestehend aus Büchern, Modezeitschriften, Filmen und Dias, angelegt, das nach ihrem frühen Tod 2010 an die Landesinnung Wien der Mode- und Bekleidungstechnik übertragen wurde.
Loscheks Erkenntnisse sind in zahlreichen Büchern festgehalten und machten sie zur Ansprechperson für Mode schlechthin im deutschsprachigen Raum, aber auch darüber hinaus: Ihr sind Standardwerke der Mode- und Kostümgeschichte, die heute noch Gültigkeit haben, zu verdanken, wie etwa:
- Reclams Mode- und Kostümlexikon
- Die Modedesigner. Ein Lexikon von Armani bis Yamamoto
- Mode im 20. Jahrhundert. Eine Kulturgeschichte unserer Zeit
Im Frauenmuseum hatten wir Gelegenheit Ingrid Loschek für ein längeres Seminar zur Kostümgeschichte einzuladen. Anhand unserer Sammlung an Kleidern wurden vor Ort Bestimmungen und historische Hintergründe erarbeitet.
Claudia Winkler