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Als eine vornehme Engländerin den Rückspiegel erfand…

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Während eben in Saudi Arabien der erste Führerschein an eine Frau übergeben wurde, heißt es bei uns nur noch ab und zu hinter vorgehaltener Hand „Frau am Steuer…“ ihr wisst schon. Ärgert euch das? Uns nicht mehr – denn wir haben ein neues ungeheuerliches Vorbild 😉

Der fulminanten Engländerin Dorothy Levitt verdanken wir nämlich den Rückspiegel in unseren Autos. Und warum nur eine Frau den erfinden konnte, erzählen wir euch gleich…

Dorothy Levitt, in einem 26hp Napier, Brooklands, 1908

Sie war eine unkonventionelle Frau in jeder Hinsicht. Sie hatte ohne Zweifel die nötige Eigenwilligkeit, um nicht zu sagen Verrücktheit, die wir so oft bei Pionierinnen in der Geschichte finden.

Frau Levitt war es, die Queen Alexandra und der britischen Prinzessin das Autofahren beibrachte. Im Jahr 1905, als es noch hieß, Radfahren mache Frauen unfruchtbar … Ganz nebenbei hat sie ihnen auch empfohlen, einen Revolver mitzuführen – zu ihrer eigenen Sicherheit natürlich. Am besten eine Colt, die sich durch ihren relativ kleinen Rückstoß gut für Frauen eignete.

Aber fangen wir von vorne an. Wie kam eine Frau des 19. Jahrhunderts überhaupt zum Autofahren?

Geboren 1882 führte sie zunächst das Leben einer Tochter aus gutem Hause. Als sie 20 Jahre alt war, stand ihr eine Zwangsheirat bevor. Sie war unglücklich über die elterliche Wahl des Ehemannes und machte etwas, was viele vielleicht ebenso getan hätten, aber sie den Mut dazu hatte: Sie machte sich aus dem Staub.

Als Sekretärin begann sie für einen Automobilhersteller zu arbeiten. Dort hatte man die Idee, durch die Präsenz einer schönen Frau den Verkauf von britischen Autos anzukurbeln. Das kennen wir ja auch heute noch zur Genüge… Jedenfalls wurde unsere Frau Levit als „schöne Sekretärin mit langen Beinen und Augen wie ein See“ zu einer Beförderung. Ihrer Eigenwilligkeit ist es wohl zu verdanken, dass sie bald ein Training zum Rennfahren einforderte und auch Mechaniker-Kenntnisse erlernte.

1903 war sie die erste Englische Frau, die an einem Automobilrennen teilnahm. Zu dieser Zeit war der Kauf von Autos nur für die Aristokratie und das gehobene Bürgertum erschwinglich. Das Autofahren selbst wurde als männliche Disziplin angesehen. Gerade diese Schicht erwartete von Frauen, dass sie sich um die Bedürfnisse ihres Mannes kümmerten. So war die britische Gesellschaft nicht minder erstaunt, dass eine Sekretärin sich an Automobilrennen beteiligte.

Frau Levitt scherte sich aber nicht um die Meinung der Gesellschaft, gab sich aber bewusst feminin. „Sie ist die mädchenhafteste und fraulichste aller Damen“, hieß es.

Nicht nur, dass sie Rekorde in den Automobilrennen fuhr, auch im Motorbootfahren gewann sie einige Preise und später erlernte sie auch das Fliegen. Eine wahre Abenteurerin.

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1909 veröffentlichte sie das Buch „Die Frau und das Auto: Ein kleines geschwätziges Handbuch für alle Frauen, die fahren oder gern fahren möchten“.

Darin kämpfte sie gegen gängige Klischees, die Frauen am Steuer angehängt wurden. Sie gab aber auch den folgenschweren Tipp, der nur von einer Dame stammen konnte: „Frauen sollten an geeignetem Platz im Auto einen kleinen Handspiegel mitführen“ und „ihn von Zeit zu Zeit hoch nehmen, um während der Fahrt im Verkehr nach hinten zu blicken“.

Einige Jahre später wurde der Rückspiegel von Automobilherstellern in ihren Modellen aufgenommen.

Frau Levitt würde wohl heute mit den Saudi-arabischen Frauen feiern, die nun endlich auch legal am Steuer sitzen dürfen.

Und wir wissen nun, was wir das nächste Mal antworten, wenn wir das Sprichwort „Frau am Steuer, Ungeheuer“ hören 😉

 

Aufgeschnappt bei Wikipedia und Handelsblatt.

 

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