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„Always look on the bright side!“

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Unsere Frau des Monats Juni: Angela Roberts

Die gebürtige Engländerin erzählt, wie sie in Meran ihre neue Heimat gefunden, hier die erste English-School Merans aufgebaut hat und warum sie heute ein Drittel ihrer Zeit in Äthiopien verbringt.

Woher kommst du genau?

Ich komme aus Gloucester, England. Dort habe ich Psychologie und Kinderpsychologie studiert und für zwei Jahre unterrichtet.

Was brachte dich nach Südtirol?

Ich bin in England zur Schule gegangen, habe dort an einer Uni studiert und arbeitete danach als Lehrerin an einer Schule. Ich hatte das Gefühl, dass mein Leben enger und enger wurde. Und so begann ich zu reisen und kam nach Meran. Ich hatte nicht vor, wieder zu unterrichten. Aber in Meran haben Englischlehrpersonen gefehlt und so begann ich mit einem 3-Monate-Vertrag an einer Schule. Und daraus wurden Jahre…

Warum hast du die erste English School von Meran gegründet und welche Erfahrungen hast du damit gemacht?

1976 habe ich mein eigenes Sprachenstudio gegründet. Es war eine Zeit, wo Menschen in Meran interessiert daran waren, Englisch von jemanden in der Muttersprache zu lernen. So unterrichtete ich Menschen im Alter von 8 bis 75 Jahren.

Was hat dich all die Jahre in Südtirol gehalten?

Ich bin glücklich hier. Ich habe mit dem Partner, mit dem ich leben wollte, hier gelebt und habe mich hier immer wohl gefühlt.

Du singst gern, ist das richtig?

Musik ist mein Hobby. Meine Mutter wollte, dass ich Opernsängerin wurde. Aber ich ging schnell zu Blues und Jazz über, was so einige Probleme mit meiner Mutter verursacht hat. Aber mein Vater war glücklich damit. Heute bin ich Sängerin der Gruppe Aqua Viva hier in Meran.

Wie sind deine Verbindungen nach Afrika zustande gekommen?

Meine Kusinen leben abwechselnd drei Monate in London und drei Monate Südafrika. Als mein Partner verstorben ist, haben sie mich dorthin eingeladen, und somit waren sie die ersten, die meine Augen für das Leben in Afrika geöffnet haben.

Ich habe als Freiwillige in 13 Ländern in Afrika gearbeitet: Südafrika, Botswana, Namibia, Sambia, Malawi, Tansania, Sansibar, Kenia, Uganda, Ägypten, Marokko, Tunesien und Äthiopien.

Was für eine Arbeit war das?

Ich hab das meistens so gemacht, dass ich zunächst in einem Land umhergereist bin und dann irgendwann meine Hilfe angeboten habe. Das funktioniert natürlich gut, wenn man eine Englischlehrerin ist.

Und dann bist du nach Äthiopien gekommen, richtig?

Als ich in Pension ging, kam ich über die Nicht-Regierungs-Organisation VSO (Voluntary Service Overseas in London) nach Äthiopien. Ich war Teil einer Freiwilligen-Gruppe von 60 Leuten, bestehend aus medizinischem Personal, Agrarexpert*innen und Lehrpersonal. Für dreieinhalb Jahre lebte ich in Jimma, 250 Kilometer südwestlich von Addis Abeba.

Angela Roberts (zweite von rechts) gemeinsam mit den Lehrpersonen, mit denen sie in Jimma an Lehrmethoden im Englischunterricht gearbeitet hat

Nachdem ich neben der Freiwilligenarbeit viel Freizeit hatte, habe ich in einer Einrichtung für Straßenkinder mitgeholfen; wir haben eine Anlaufstelle für Mädchen eröffnet und eine weitere für unverheiratete Mütter oder Frauen mit Schwierigkeiten, wo sie über ihre Probleme sprechen konnten.

Ich habe begonnen, bei Bekannten Geld zu sammeln und so konnten wir mit Unterstützung von VSO, Bozen Zonta Club und Freunden aus Meran Mädchentoiletten in sieben Schulen in Jimma errichten.

Meine Kusinen in England und später auch Freunde in Meran wollten über einen längeren Zeitraum ihre Unterstützung geben und so konnte ich Patenschaften vermitteln. Das mache ich immer noch, wer daran interessiert ist, kann mich gerne über Facebook kontaktieren.

Wie hast du deine zwei Jungs kennengelernt?

Einer meiner Kollegen in Äthiopien hatte zwei kleine Jungen bei sich aufgenommen und kehrte in seine Heimat Irland zurück. Er bat mich, auf die beiden Jungen acht zu geben. Aufgrund verschiedener Probleme konnten sie nicht mit ihrem Vater leben und die Mutter war verstorben. Tatsächlich haben Fuad und Adem ab diesem Zeitpunkt für zwei Jahre mit mir zusammengelebt.

Was mich über diese Jahre hinweg ständig beschäftigt hat, war, was mit den Jungs passiert, sobald ich zurück nach Meran gehen würde. Deshalb habe ich mich an die betreffenden Stellen gewandt und es wurde mir gesagt, ich solle eine Adoption versuchen. Die nationale Adoption in Jimma und die internationale Adoption in Addis Abeba wurden genehmigt. Das Verfahren scheiterte dann aber an den Gerichten in Italien.

So musste ich schweren Herzens meine Jungs in Äthiopien zurück lassen. In den letzten sieben Jahren haben sie in sieben verschiedenen Gastfamilien gelebt. Ich pendle nun zwischen Meran und Äthiopien, um mit den Jungs zu sein: Vier Monate hier – zwei Monate dort. Am 16. Juni breche ich wieder auf. Es ist eine schwierige Situation für mich, aber noch härter für die Jungs.

Ich hoffe immer noch, sie nach Meran bringen zu können, aber ich weiß nicht wie.

Fuad und Adem
Du besuchst also regelmäßig die zwei Jungs und nebenher setzt du deine Hilfsarbeit fort?

In Meran halten wir ca. zweimal im Monat einen Flohmarkt am Kornplatz ab und mit dem Geld unterstützen wir 10 Waisenkinder und drei sehr arme Familien. Im Moment unterstützen wir auch den Bau von drei Klassenzimmern. Also kann man schon sagen, dass etwas Positives aus dem Negativen entstanden ist.

Dein Lebensmotto?

Always look on the bright side! – Versuche immer etwas Positives zu finden, auch wenn alles negativ erscheint!

5 College-Mädchen aus Jimma mit Angela Roberts in der Mitte. Jedes der Mädchen wird über eine Patenschaft von einer Familie in Meran unterstützt

Interview: Judith Mittelberger

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