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Frau des Monat März

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Unsere Frau des Monat März ist Ingrid Kapeller, Preisträgerin „Förderpreis für wissenschaftliche Arbeiten zur Situation der Frau in der Gesellschaft oder der Chancengleichheit zwischen Frau und Mann“ für die Masterarbeit „News on femicide. Ein sprachübergreifender Vergleich der Berichterstattung über Feminizide in ausgewählten Qualitätsmedien“, Masterstudium Gender, Kultur und sozialer Wandel am Institut für Soziologie der Universität Innsbruck.

Im Interview mit Sissi Prader erzählt Ingrid aus ihrem Leben.

Kannst du dich kurz vorstellen?

Ich bin Ingrid, 26 Jahre alt und komme aus Taufers im Münstertal. Ich bin die jüngste von vier Schwestern, reise unglaublich gerne, esse am liebsten Kaiserschmarrn oder Zwetschgenknödel, geh gern Radfahren, liebe Sprachen, feiere und tanze viel und verbringe so viel Zeit wie möglich mit Freund:innen und Familie. Ich habe Gender, Kultur und Sozialer Wandel studiert, arbeite im Forum Prävention in der Fachstelle Familie und mache gerade die Ausbildung zur Sexualpädagogin.

 

Dir sagt man nach, dass du die Generation den neuen Feminismus vertretest. Was bedeutet für dich Feministin zu sein und wie wirst du als solches gesehen?

Feministin zu sein bedeutet für mich, all das zu tun, was ich tun will – selbstbestimmt und unabhängig von schrägen gesellschaftlichen Konventionen. Es geht für mich darum, gleiche Rechte und Chancen für alle zu fordern und nicht zu akzeptieren, dass irgendjemand auf Grund von Geschlecht, race, Klasse, sexueller Orientierung, Herkunft, Religion usw. benachteiligt wird – egal in welcher Form. Um die zweite Frage zu beantworten: Wie ich als Feministin gesehen werde ist echt sehr unterschiedlich. Manche wissen nicht so recht, was genau das jetzt ist, was ich da tue, und sind eher skeptisch und befremdlich mir gegenüber, andere feiern und bewundern es.

Dein spezielles Studium hat dich sicherlich geprägt, sodass du persönlich wie auch beruflich dich für Genderthemen, Chancengleichheiten im weitesten Sinne auch einsetzt und es lebst.

Absolut! Ich kann mich sehr glücklich schätzen, dass ich beruflich das machen kann, was ich studiert habe und mir auch wirklich ein Anliegen ist. Ich darf einerseits die Allianz für Familie begleiten, ein Zusammenschluss von 17 Familienorganisationen, die sich auf politischer und gesellschaftlicher Ebene für die Interessen von Familien, Eltern und Kindern einsetzen und konkrete Verbesserungen für die Situation von Familien fordern. Andererseits darf ich Teil der Forschung traces sein, die die transgenerationalen Langzeitfolgen sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Vinschgau untersucht. Sie wird in Zusammenarbeit mit der Universität Trient, medica mondiale, dem Frauenmuseum Meran und natürlich dem Forum Prävention durchgeführt. Beides sehr spannende Bereiche, in denen ich wirklich (hoffentlich) etwas bewegen kann.

Du hast bereits seit einiger Zeit mit zwei weiteren Frauen aus dem Vinschgau einen, wie es heißt, lässigen lockeren Podcast ätsch bätsch – der feministische Podcast aus den Alpen initiiert. Was wollt ihr damit erreichen?

Wir wollen damit irritieren, wachrütteln, sensibilisieren und informieren. Wir wollen Dinge ansprechen und erklären, die oft in Südtirol nicht auf den Tisch kommen, aber so wichtig sind. Care-Arbeit, CatCalling, geschlechtersensible Sprache und vieles mehr. Wir machen auch Workshops mit Jugendlichen, um mit ihnen über Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit zu sprechen – Themen, die in der Schule allzu oft zu kurz kommen.

Du warst auch bei der Initiativgruppe, die den Frauenmarsch geplant und durchgeführt hat, aktiv dabei. War dies für dich wichtig, hier ein Zeichen setzen und bringt es bei Protestmärschen mitzumachen?

Ja, sehr. Die Frauen*märsche zu organisieren war für mich unendlich kraftvoll. So viele Menschen für Gleichstellung und gegen Gewalt gegen Frauen in Südtirol auf der Straße zu sehen, obwohl Südtirol bekanntlich keine große Protestkultur pflegt, war überwältigend. Und bereits die Vorbereitungen haben mir so viel gegeben, weil sich in der Gruppe der Organisatorinnen – so viele inspirierende Frauen – wirklich gelebte Solidarität gezeigt hat.

 

Woher nimmst du deine Energie, was gibt dir Kraft?

Ich habe das Glück, viele Personen um mich zu haben, die mir immer wieder Kraft und Rückhalt geben: mein Partner, meine Schwestern, meine Eltern, mein Neffe und meine Nichte, meine Freundinnen. Ich habe aber auch viele (vielleicht zu viele) Hobbies, aus denen ich Energie schöpfe: Skifahren, wandern, Yoga, lesen, Radfahren, feiern, schreiben, und und und. Aktuell versuch ich mich am Nähen, was mir mehr oder weniger gut gelingt.

Dein Heimatort ist im oberen ländlichen Vinschgau – die Arbeit in Bozen – wie kommst du in diesen zwei Welten heute zurecht?

Ich liebe genau diese Kombination! Bei der Arbeit in Bozen lerne ich spannende Personen kennen, vernetze mich, sitze in interessanten Runden und bin quasi am Puls der Südtiroler Zeit. In Bozen passiert immer viel, im oberen Vinschgau bedeutend weniger. Dort komme ich zur Ruhe, genieße die Natur, die Weite und auch das solidarische Community-Feeling in den Dörfern. Mensch kennt sich, Mensch grüßt sich, Mensch kümmert sich. Hätte ich diese Kombination nicht, würde mir das jeweils andere wahrscheinlich fehlen.

Hast du auch weibliche Vorbilder?

Das habe ich tatsächlich so viele, dass ich sie wohl kaum alle aufzählen könnte. Es gibt nämlich kaum eine Frau, die mich nicht auf irgendeine Weise beeindruckt. Ich sehe fast immer etwas Bewundernswertes an Frauen – etwas, das sie ist oder kann oder macht. Ich denke hier in erster Linie nicht an weltberühmte Frauen (natürlich auch das), aber eigentlich fallen mir hauptsächlich Frauen in meinem unmittelbaren Umfeld ein: Meine Mama, meine Schwestern, alle meine Freundinnen, meine Oma und meine Nana, Frauen, mit denen ich in verschiedensten Situationen zusammenarbeiten darf und viele, viele mehr.

Dein Lebensmotto

Spontan würde ich sagen: YOLO. Wenn es ein bisschen anspruchsvoller sein sollte, würde ich wahrscheinlich so etwas wie „Panta Rhei – Alles fließt“ wählen.

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