Wir schreiben das Jahr 1929, zwanzig Pilotinnen starten zum weltweit ersten Luftrennen für Frauen. Abwertend als Puderquastenrennen („Powder Puff Derby“) bezeichnet, nehmen es die tollkühnen Frauen auf sich, mit ihren teilweise extrem unzuverlässigen Maschinen von Los Angeles nach Cleveland zu fliegen und sich dabei vielerlei Gefahren – Überquerung der Rocky Mountains, Überfliegen von unwirtlichen Wüsten und Landen auf behelfsmäßigen Flugplätzen – auszusetzen.
Als einzige Nicht-Amerikanerin nimmt die Deutsche Thea Rasche teil und gehört zu den vierzehn Pilotinnen, die das Rennen zu Ende bringen.
Dabei war es nicht absehbar, dass Thea Rasche jemals ein Flugzeug lenken würde: Nachdem ihr Vater vergeblich versucht, sie zu verheiraten – Theas Brüder waren im Ersten Weltkrieg gefallen und der Vater, ein Brauereibesitzer, braucht einen männlichen Erben – kann sich die junge Frau schließlich durchsetzen und macht 1925 nicht nur ihren Pilotenschein, sondern ist auch Deutschlands erste Frau mit Kunstfluglizenz.
Zwei Jahre später reist Thea Rasche in die USA und begeistert die Amerikaner mit ihren Flugkünsten: Sie kann sich bei verschiedenen Bewerben gegen die männliche Konkurrenz durchsetzen und jeder will „The Flying Fräulein“ sehen.
Allerdings macht ihr Geldmangel immer wieder zu schaffen: Ihr 1927 geplanter Transatlantikflug scheitert daran und ebenso ihr Südamerikaflug, 1933 muss sie schließlich ihr Flugzeug verkaufen und sie beginnt als Journalistin zu arbeiten. 1934 nimmt sie als Passagierin am „Internationalen Flugzeugrennen für den Frieden“ teil, als einzige Frau, die das Ziel erreicht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebt Thea Rasche noch einige Jahre in den USA und kehrt dann nach Essen zurück, wo sie 1971 stirbt.
Thea Rasche, deren Geburtstag sich am 12. August 2024 jährt, war nicht die einzige Frau, die sich in der von Männern dominierten Welt des Fliegens durchsetzen wollte; neben und nach ihr kennen wir einige Beispiele wagemutiger Damen, die den Männern in nichts nachstanden.
So überflog Amelia Earhart 1932 als zweiter Mensch den Atlantik, überquerte fliegend 1935 erstmals den Pazifik und versuchte sich 1937 an der Weltumrundung, die ihr allerdings nicht gelang und seit deren Versuch sie als verschollen gilt.
In Italien ist Fiorenza de Bernardi die erste Frau, die in die männlich dominierte Welt des Linienfluges vordringt und im Jahr 1967 ihre erste Anstellung bei einer Fluggesellschafft erhält. Sie ist Mitglied im Klub der 99 („Ninety Nines“), dem weltweit ein Großteil der weiblichen Piloten angehört und der 1929 nach dem „Powder Puff Derby“ u. A. von Amelia Earhart und Thea Rasche einerseits zur Stärkung der Kameradschaft unter den Pilotinnen und andererseits als Reaktion auf die vielen Probleme, auf die sie trafen, gegründet wurde.
Claudia Winkler