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2019 – eine Revue aus Frauensicht Teil 2

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Am vorigen Freitag haben wir begonnen, den wirklich sehr interessanten und weltübergreifenden Beitrag der Washington Post vom 27.12.2019 anzuschauen. Reporterin Miriam Berger hat 10 Schlüsselereignisse aufgezählt, die die Frauenmeilsteine von 2019 darstellen. Fünf haben wir schon verraten, hier kommen die weiteren fünf.

Die nächsten 5 Frauenmeilensteine von 2019

Die ersten 5 findest du hier.

6 Argentinien

Die Washington-Post-Reporterin greift in Punkt 6 der Frauenmeilensteine 2019 etwas auf, was wir im deutschsprachigen Internet gar nicht gefunden haben. Es geht um die Benutzung der genderneutralen Sprache. Die 17-jährige Studentin Natalia Mira wurde im argentinischen Fernsehen in einem Interview vom Moderator angegangen, weil sie ganz natürlich genderneutrale Worte benutzt hat. Die Geschichte erregte Aufsehen und der argentinische Teenager wurde die Anführerin zum Aufruf für genderneutrale Sprache.
Die gute Nachricht: Laut dem Bericht der Washington Post findet die genderneutrale Sprache in Argentinien immer mehr Anklang. Sie wird in Kinderbüchern, auf der Universität, im Gericht, bei Aktivist_innen und sogar vom neuen Präsidenten benutzt.

7 Südkorea

Wer jetzt nicht in der koreanischen Pop-Szene bewandert ist, wird das – wenn überhaupt nur nebenher mitbekommen haben. Der 28-jährige Superstar Goo Hara wurde im November tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Sie hatte sich schon 6 Monate vorher das Leben nehmen wollen. Ein Jahr zuvor hatte sie ihren Ex-Freund beschuldigt, dass er sie heimlich beim Sex gefilmt und danach erspresst habe, das Material zu veröffentlichen. Kein Einzelschicksal…

Im gleichen Monat kamen zwei weitere K-Popstars in die Schlagzeilen. Beide wurden beschuldigt, Frauen vergewaltigt zu haben. Bei Jung kommt noch dazu, dass er Frauen heimlich beim Sex gefilmt und dann die Videos verbreitet hat. Das ist etwas, was leider in Südkorea oft getan wird und sogar einen eigenen Namen hat:  “molka.”

Zwar geht die Polizei verschärft dagegen vor, aber die Mühlen mahlen langsam. Traurig, dass schon im Jahr zuvor 22.000 Frauen auf die Straße in Seoul gingen gegen Molka und das die größte Frauendemo des Landes war…

8 Nigeria

Die #metoo-Bewegung ist allseits bekannt, die nigerianische Variante heißt #ArewaMeToo, wobei Arewa „Norden“ heißt in der Hausa-Sprache. In Nordnigeria ist der konservative, vorwiegend muslimische Teil des Landes.

Damit brechen sie ihr bislang stilles Leiden und begehren auf gegen sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung. Im Februar 2019 kreidet eine junge Frau ihren Freund auf Twitter an, sie fast umgebracht zu haben. Im Juni wird ein Interview im Netz veröffentlicht, in dem die bekannte nigerianische Fotografin Busola Dakolo öffentlich ihren früheren Pastor Biodun Fatoyinbo beschuldigt, sie in Vergangenheit zweimal vergewaltigt zu haben. Daraufhin haben einige Frauen sich bei ihr gemeldet, die ebenfalls den Pastor des sexuellen Missbrauchs beschuldigten.

Die gute Nachricht ist, dass es einen Aufschrei gab, die schlechte gibt es aber auch: Fatoyinbo war nur kurz von seinem Dienst entbunden, ist jetzt aber wieder an seiner Kanzel und bestreitet einfach alles. Und der einflussreichste nigerianische muslimische Leader Muhammad Sa’ad Abubakar  hat die #AweraMeToo kurzerhand untersagt.

9  Chile

Dieses Video ging um die Welt. Hunderte von Frauen führten eine Choreographie auf mit dem Titel: „Ein Vergewaltiger auf dem Weg!“
Schon im Oktober begannen die Proeste im Land gegen die ökonomische Ungerechtigkeit und der fehlenden Umsetzung gesetzlicher Richtlinien. Bald ging es auch um genderspefische Gewalt. Ende November hat das chilenische feministische Kollektiv „La Tesis“ diese Hymne, die den Ärger und das Misstrauen in die Gesellschaft der Frauen ausdrückt, niedergeschrieben.“Der Vergewaltiger bist du“, heißt es immer wieder darin. „Es sind die Polizisten, der Staat, der Präsident, der opressive Staat ist der Vergewaltiger.“

10 Sudan, Libanon und Irak

Beim letzten Schlüsselereignis konnte sich die gute Reporterin wohl nicht mehr entscheiden, denn sie bringt im Grunde drei auf den Plan – und alle sind aus dem Mittleren Osten, einem Gebiet, über das sie schließlich für die Washington Post schreibt.
Für uns ist es spannend, weil wir gerade aus diesem Bereich der Welt nicht immer so informiert werden. Ein Begriff ist uns aber schon die 22-jährige sudanesische Studentin Alaa Salah, die schon ihren eigenen Wikipediaeintrag hat.
Die regierungsfeindliche Demonstrantin wurde zur Ikone des sudanesischen Aufstandes gegen den langjährigen Diktator Omar Hassan al-Bashir. Auf der Demonstration als Frau in Weiß von einer Fotografin festgehalten, wurde sie zur „Lady Liberty“ des Sudan.
Sie spricht von den Demonstrationen im Irak im November 2019, bei denen auch Frauen eine Rolle spielten, und von denen in Libanon gegen die korrupte Regierung, bei der eine Frau dem bewaffneten Leibwächter eines Ministers furchtlos einen Kick aus der Hüfte in den Bauch verpasst.

ichfrau-Fazit:

Es sind gute Beispiele, natürlich nicht allumfassend. Sie zeigen auf, wie es ein Auf und Ab an Fort- und Rückschritten gab bzw. Stillständen. Klar, es sind 13, aber überall auf der Welt aufgegriffen, und das finden wir super.
Kanntet ihr alle Frauenmeilensteine? Wir nicht.
Fallen euch auch noch weitere Frauenmeilensteine 2019, die hier nicht erwähnt wurden?
Beim nächsten Beitrag schauen wir uns an, welche Frauen 2019 als erinnerungswürdig betrachtet werden…

Astrid Schönweger

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