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Coronavirus – was bedeutet es für die Frauen?

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Der Ausbruch des Coronavirus sowie der damit zusammenhängende Ausnahmezustand in vielen Staaten wird überall noch weitreichende Auswirkungen haben. Politik, Wirtschaft und soziales Leben sind schon jetzt bis ins kleinste Detail erschüttert. Deshalb ist das Virus aber auch ein Geschlechter-Thema: Es beeinflusst massiv die Schritte in Richtung Gleichberechtigung, die in den letzten Jahrzehnten gemacht wurden. Denn wenn auch die gesundheitlichen Folgen des Coronavirus für Frauen weniger fatal zu sein scheinen, sind sie stark von ihm betroffen. Aber wie?

Wer im Supermarkt, in der Apotheke oder im Krankenhaus arbeitet, kann nicht zuhause bleiben, sondern wird im Gegenteil durch die Corona-Krise am Arbeitsplatz besonders benötigt – und auch besonders gefährdet.

erkärt Jana Anzlinger in der Süddeutschen Zeitung.

Krisen verschärfen immer Ungleichheiten der Geschlechter

sagt Maria Holtsberg, Beraterin für humanitäre Hilfe und Katastrophenrisiko bei UN Women Asia and Pacific.

Schulschließung und Kinderbetreuung

Holtsberg nennt in einem BBC Artikel fünf Arten, wie sich die Krise auf Frauenleben in Asien auswirkt. Erster Punkt ist die Schließung der Schulen, etwas, was Frauen über Asien hinaus betrifft, nicht wahr? Es wäre interessant, eines Tages eine Studie durchzuführen, wie die Kinderbetreuung in dieser Zeit stattgefunden hat, in der Schulen und Betreuungseinrichtungen geschlossen worden sind. In Asien blieb sie vorwiegend den Frauen überlassen…

Durch Schulschließungen geht die Kinderbetreuung nun von dem bezahlten in den unbezahlten Sektor über. Eltern stehen nun vor der Entscheidung, wer im Job zurücksteckt, um die Kinder zu beaufsichtigen – in den meisten Fällen tun es die, die weniger verdienen (ratet mal, wer das ist). Alleinerziehende trifft es noch härter.

Wenn jetzt viele diese soziale Distanzierung auch positiv sehen, u.a. mit dem Argument, dass Shakespeare und Newton dabei einige ihrer besten Arbeiten geschrieben, als England von der Pest heimgesucht wurde, so bringt es Helen Lewis im Atlantic auf den Punkt: Keiner von ihnen hatte die Verantwortung für die Kinder. 

Care-Arbeit wichtiger denn je

Dadurch, dass ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen und alle mit einem erhöhtem Risiko das Haus nicht mehr verlassen sollen, muss auch für sie gesorgt werden.

Schon vor der Coronavirus-Krise leisteten Frauen den Großteil der Care Arbeit. Im Alltag heißt das: Putzen, Kochen, Waschen, Bügeln, Pflegen, Vorsorge und Versorgung, Zuhören und Unterhalten. Auch deshalb, weil eine praktische bzw. wirtschaftliche Lösung naheliegt: Wer verdient weniger? Wer hat flexiblere Arbeitszeiten? Wer hat mehr Zeit? Meist sind das Frauen. 83% der in Südtirol in Teilzeit arbeitenden Personen sind Frauen.

Die Chancen stehen hoch, dass in dieser Ausnahmesituation auch hier vor allem Frauen einspringen werden. Und diese Ausnahmesituation kann Monate dauern. Wie wird sich das auf die Gleichberechtigung von Frauen am Arbeitsmarkt auswirken? Wie auf den Pay Gap? Wie auf Rollenstereotype? Und wie auf die Wertschätzung dieser Arbeit?

Die Haushaltshilfen und Altenpflegerinnen Zuhause

Viele immigrierte Frauen sind in diesem Bereich tätig bzw. kommen regelmäßig ins Land, um diese Arbeit zu übernehmen. Sie sind momentan genauso von der Ausgangssperre betroffen und bleiben zumeist an ihrem Arbeitsplatz – ohne einen freien Tag. In Asien hat es dazu geführt, dass so manche auch gegen ihren Willen zur Arbeit angehalten wurden, 7 Tage auf 7 Tage, ohne Entgelt.

Die Arbeit im Gesundheitssektor

Viel Wertschätzung erhalten derzeit Personen, die im Gesundheitssektor arbeiten – zurecht. Und auch das betrifft Frauen. 70% der weltweit in Gesundheits- und Sozialdiensten tätigen Menschen sind Frauen, laut Weltgesundheitsorganisation.

In Europa sind demnach etwa 84 Prozent der Krankenpfleger weiblich

rechnet Anzlinger in der Süddeutschen aus.

Unabhängig  vom Virus leisten sie unentbehrliche, oft aufopfernde Arbeit, ohne die unsere Welt nicht funktioniert. In diesem Moment kämpfen sie in vorderster Reihe gegen den Virus und begeben sich dementsprechend auch in Gefahr:

Es sind mehrheitlich Frauen, die darunter leiden, wenn es Engpässe an Desinfektionsmitteln und Schutzausrüstung gibt und sie sich nicht mehr ausreichend gegen Infektionen schützen können.

schreibt Beatrice Frasl auf Edition F.

Armut ist weiblich

Dieser Satz gilt weltweit und ist zu bedenken, wenn wir von den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus denken. Gerade in Asien gibt es viele Frauen, die keine soziale Absicherung haben und von Tag zu Tag überleben, aber dadurch, dass sie Zuhause bleiben mussten, noch stärker in die Armut gestürzt sind. Doch auch bei uns sind vor allem ältere Frauen und Alleinerziehende armutsgefährdet.

Es ist jetzt schon abzusehen, dass gewisse Branchen auch nach der Krise noch eine Weile darunter leiden werden, unter anderem auch in der Tourismusbranche und im Gastgewerbe, in dem mehr Frauen arbeiten als Männer. Der stark weiblich besetzte Dienstleistungssektor sowie die Kultur- und Unterhaltungsbranche sind davon betroffen, weil viele Läden und Kleinbetriebe schließen müssen und Veranstaltungen abgesagt werden. Es wird vorausgesagt, dass es so viel befristete Arbeitsverträge wie noch nie geben wird, was den Unternehmen, aber nicht den Arbeitenden helfen wird…

Häusliche Gewalt

Unentbehrlich, besonders auch in dieser Situation, sind Dienste, die Schutz und Beratung bei häuslicher Gewalt geben. Anita Bhatia, Stellvertretende Exekutivdirektorin der Frauen der Vereinten Nationen, sagt gegenüber TIME:

Die Methode, mit der wir Menschen vor dem Virus schützen, kann sich im negativen Sinn auf Opfer häuslicher Gewalt auswirken.

In Krisenzeiten – sei es Naturkatastrophen, als auch Kriegen und Epidemien – eskaliere das Risiko von Gewalt an Frauen. In China haben die Behörden im Februar drei Mal so viele Fälle häuslicher Gewalt verzeichnet, als im Vorjahr.

Überall auf der Welt stellen die gesetzlich vorgeschriebenen Sperren und Quarantänen neue Herausforderungen an Menschen, die mit Opfern von häuslicher Gewalt arbeiten.

Diese Krise verlangt uns als Gesellschaft viel ab und es wird nicht die letzte Krise sein, die wir bestehen müssen.

Was wir tun können – ist daraus zu lernen, auch in feministischer Hinsicht. Darüber schreiben wir im nächsten Post.

 

Judith Mittelberger & Astrid Schönweger

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