Sissi Prader stellt Fragen an Gaby Franger zu ihrem jüngsten Buch zu Else Oppler.
Gaby Franger, emeritierte Professorin der Hochschule Coburg, ist Autorin zahlreicher Publikationen zur regionalen und internationalen Frauengeschichte, Vorstand des Vereins Frauen in der einen Welt e.V. in Nürnberg, Kuratorin im Museum Frauenkultur Regional – International, Fürth, Vorsitzende der IAWM mit Sitz in Meran.

Wie bist du auf diese Person gekommen und was hat dich dann dazu geführt in Meran nach ihren Spuren zu suchen?
Im Rahmen der Recherchen für einer Ausstellung des Stadtarchivs Nürnberg über den Verein “Frauenwohl” und seine Protagonistinnen, stieß ich 2015 das erste Mal auf den Namen Else Oppler, die für den Verein die Künstlerischen Werkstätten leitete. Erste Funde in zeitgenössischen Publikationen riefen mein Interesse hervor, dass sie in Meran im Exil war fand ich erst zwei Jahre später in einer Biografie zum Leben ihrer Freundin Mimi Borchhardt. Dort las ich auch über die umfassende Briefsammlung von Else Oppler, die in einem Archiv in Kairo lagert. Dort konnte ich dann 2021 all2 360 Briefe von Else Oppler an ihre Freundin auswerten. Ihre Exilzeit in Meran ist dort ausführlich geschildert.
Else Oppler war Jüdin und hat bereits früh schon erkannt, dass es schwierig sein wird in Deutschland zu leben. Sie hat sich für Frauenrechte stark gemacht. Welche Hinweise hast du gefunden?
Erkannt, dass sie keine beruflichen Chancen in Deutschland mehr hat, war im März1933, als sie auch einem wichtigen Projekt zur Frauengeschichte herausgeworfen wurde. Schon vorher hatte sie in ihrer Arbeit antisemitische Angriffe abwehren müssen.
Gleiche Rechte für Frauen professionell tätig zu sein, selbst Geld zu verdienen und das unabhängig vom Ehemann entscheiden zu können, das war ich schon als junge Frau extrem wichtig. Sie ließ das sogar in ihren Ehevertrag von 1904 festlegen, “Es wird insbesondere auch ausdrücklich bemerkt, dass die zukünftige Gattin befugt ist, sich nach ihrem freien Belieben eine selbständige Lebensstellung zu wählen und über die hieraus erzielten Einkünfte frei zu verfügen”. Sie engagierte sie sich von Beginn an (1905) in dem wichtigen Netzwerk professioneller Frauen dem “Internationalen Lyceum Club” und war maßgeblich an Ausstellungen, die Errungenschaften der Frauenbewegung zeigten, beteiligt.
Oppler hat auch über die Meraner Gesellschaft geschrieben – welche Aussagen hat sie da getroffen?
Sie kam nach Meran um dort ein biologische Landwirtschaftsprojekt aufzubauen, das zunächst hoffnungsvoll begann, dann aber wegen Auseinandersetzungen mit einem der Besitzer scheiterte. Durch die zu Beginn noch guten Touristenströme aus Deutschland erhoffte sie sich als nächstes eine sichere Einkommensquelle durch die Eröffnung einer Pension, die zunächst auch gut klappte, aber dann scheiterte, weil sie wie alle jüdischen Exilierten, das Land verlassen mussten. Die Meraner Gesellschaft sah sie sehr kritisch, borniert, engstirnig, ihr eigener Horizont verengte sich aber in dieser Zeit der Verfolgung und Unsicherheit jedoch auch und sie war auch sehr kritisch gegenüber Exilsuchende, die z.B. aus Osteuropa oder Spanien kamen. 1937 verließ sie Meran und ging nach Schweden.
Was waren ihre künstlerischen Aktivitäten und Projekte?
Ihr Schaffensspektrum war ungeheuer groß und vielfältig. Zunächst wurde sie vor allem bekannt durch ihre Kreationen künstlerischer Reformkleidung, aber sie arbeitete wie auf allen Gebieten des Kunstgewerbes und war auch als Mitglied im Werkbund, der für die Aufhebung der Trennung von Kunst und Kunstgewerbe stand, in diesem Sinne aktiv: Von kunstvolle Stickereien, insbesondere auch neue Techniken der Perlenstickerei, die sie entwickelte, über die schon erwähnte Kleidung, hin zu Entwürfen von Teppichen, Möbeln, ganze Inneneinrichtungen, aber auch Metallarbeiten, bis hin zu Ausstellungsbauten und Beteiligung an Architekturprojekten. Sie führte ein Atelier für kunstgewerblichen Unterricht, war an der Schulreform von Handarbeitsunterricht beteiligt, und baute die Schule für Dekorationskunst des Werkbunds auf. Später war sie auch als Kostümbildnerin und Bühnenbildnerin in Theatern und Filmen tätig. Die letzten Berufsjahre vor dem Exil führte sie das Büro des bekannten Architekten Peter Behrens.
Das Buch, das du im Frauenmuseum vorstellst ist sehr umfangreich geworden. Du hast sicherlich auch den politischen gesellschaftlichen Hintergrund dazu verfasst, um auch diese Zeit zu verstehen.
Else Oppler lebte 90 Jahre von 1875 bis 1965, in dieser Zeit gab es zwei Weltkriege, Auf- und Abs der Frauenbewegung und ihrem Bereich der Kunst sehr viele unterschiedliche spannende Entwicklungen. Diese sind natürlich einbezogen soweit sie ihr Leben und ihr Umfeld betreffen.
Zur Erinnerung: am 24.10.2024 um 19h findet bei uns im Frauenmuseum Meran die Buchvorstellung mit Gaby Franger über Else Oppler statt. Unter „Je toller die Arbeit, desto frischer bin ich.“ Else Oppler (1875-1965) | www.museia.it gibt es weitere Informationen.