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„Die Clubszene kann viel lehren, denn sie befürwortet Vielfalt und Toleranz fürs Frei-sein“

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DJ-Ikone Georgina Mendoza (alias Lady Six Sky) mixt verschiedene musikalische Genres und kulturelle Wurzeln zu einem berauschenden Beat, welcher der Südtiroler Elektroszene neuen Schwung verleiht. In Mexiko geboren, aber stets auf Achse, rauscht sie von einem internationalen Club zum nächsten. Seit einigen Jahren lebt sie in Südtirol und ist, neben ihrer Karriere als DJ-Frau, tagsüber auch in der Radbar im Vinschgau tätig.

Georgina wann und wie hat sich deine Flamme für die Musik entfacht?

Zum ersten Mal im Jahr 2014. Damals studierte ich in Hamburg und war mit Freunden in einem Kunst-Kollektiv tätig, welches Kunst und Partys organisierte. Viele meiner Freunde dort waren DJs und haben mir die Kunst vom “mixen” beigebracht.

Du bezeichnest dich gern als Weltenbummlerin, wie ist es, sich zwischen unterschiedlichen Kulturräumen zu bewegen?

Wenn man in verschieden Kulturen lebt, versteht man schnell, dass Menschen eigentlich nicht ganz so unterschiedlich sind. Klar, es gibt verschiedene Geschmäcker, Gewohnheiten und Überzeugungen, aber zum Glück findet man auch immer wieder Menschen, die ähnliche Werte teilen, unabhängig davon, wo man sich gerade geographisch befindet.

Georgina Mendoza. Foto: Thomas Moe
Welche Aspekte aus deiner eigenen Lebensgeschichte fließen in deine Musik ein?

Da ich viele Jahre lang in Berlin gelebt habe, bin ich mit der Elektronischen Szene in Kontakt gekommen. Dennoch hatte ich dort stets das Gefühl, dass ich meine eigenen kulturellen Wurzeln in meine Musik mit einbeziehen wollte. Als ich dann auf Künstler:innen gestoßen bin, die eine Kombination vom Cumbia, Latin und Afro-Cuban Sound mit elektronischen Beats machen, hat mich das irrsinnig fasziniert! Es hat mich an meine Heimat erinnert und gleichzeitig was Modernes mit sich gebracht. Seither versuche ich Musik mit kulturellem Mix und rhythmischen Melodien ausfindig zu machen. Ich bezeichne mich als ein “Rhythm Hunter”, eine Rhythmus-Jägerin.

Wie ist es dir als weibliche Dj in der noch weitgehend männlich geprägten Welt der elektronischen Musikszene ergangen?

Es stimmt, dass Männer immer noch vorwiegend die Szene beleben, dennoch habe ich persönlich dieselben Gelegenheiten erhalten, wie meine männlichen Kollegen. Ich finde trotzdem, dass es an der Zeit wäre, dass mehr Frauen Festivals organisieren, sodass immer mehr DJ-Frauen sich trauen, in die Szene einzutauchen, sich wohl zu fühlen und einen neuen kreativen Raum zu gestalten.

Wie wichtig ist Respekt und gegenseitige Achtung in der Clubszene?

Ich denke Respekt ist sowohl in der Clubszene, wie im allgemeinen Leben, höchste Priorität. Wenn man das gelernt und verinnerlicht hat, kann man sich in jedem Kontext angemessen verhalten. Die Clubszene kann viel lehren, denn sie befürwortet Vielfalt und Toleranz fürs Frei-sein. Jede Person kann sich im Tanzen ausdrücken und entfalten, sich mit anderen verbinden und sich vom alltäglichen Druck und Stress befreien. Die Energie einer tanzenden Gruppe ist mitreißend, befreiend und motivierend. Man versteht, dass man als Gruppe viel stärker ist und es darum geht, mehr Personen in diese Gruppe einzuschließen und nicht auszuschließen.

Georgina Mendoza. Foto: Markus Trojer
Was könnten sich andere kulturelle Institutionen oder Festivals von der Elektroszene abschauen? Wo könnten Parallelen und Synergien entstehen?

Meines Erachtens ist eine der großen Stärken der Elektroszene die Interdisziplinarität. Es gibt Gelegenheit, die unterschiedlichsten Personen sowie Kunstformen kennenzulernen, so z.B. Videoinstallationen, Lichtperformances, bildende Künste, Tanzeinlagen und Musikgenres. Gemeinsam kann Kunst geteilt, erlebt und erschaffen werden.

Wie schwierig ist es, heute in deiner Branche Karriere zu machen? Was würdest du anderen empfehlen oder abraten?

Heutzutage gibt es viel Konkurrenz, da sich mittlerweile fast jede Person die notwendigen technologischen Mittel leisten kann. Dennoch bin ich überzeugt, dass es möglich ist, Karriere zu machen, wenn man viel wertvolle Musik produziert. Ich selbst mache derzeit live mixes “on the fly”. Ich produziere gelegentlich, habe aber noch nichts Offizielles rausgebracht. Das kommt noch. Dafür braucht man nicht nur Talent, sondern auch viel Zeit. Wie immer gilt: Wenn man es wirklich will, dann muss man dranbleiben und irgendwann wird die eigene Leidenschaft zur Berufung.

Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

Ich möchte mehr produzieren und zwar auf offiziellen Kanälen. Immer mehr Musik machen, die mich identifiziert und mit der auch andere Menschen sich identifizieren können. Ich möchte andere Frauen dazu anspornen, DJs und Künstler:innen zu werden, sich keine Grenzen zu setzten und einfach dem eigenen Weg zu folgen.

 

Interview: Sarah Trevisiol

Georgina Mendoza. Foto: Markus Trojer

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