Blog vom Frauenmuseum Il Blog del Museo delle Donne
Frauenmuseum | Museo delle donne

Frauen als Museumsgründerinnen

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Nach der Publikation für die lokale Zeitschrift „Meraner Stadtanzeiger“, freut sich das Frauenmuseum nun einige der Beiträge dieser Frauenkolumne, auch auf dem eigenen Blog zur Verfügung stellen zu können. Nochmals danke dem Meraner Stadtanzeiger für die Zusammenarbeit.

Meraner Frauen von gestern und heute

Sarah Trevisiol

Meran, das prächtige Kleinstädtchen inmitten der Alpen, verbirgt eine vielseitige und weltoffene Geschichte, welche zum Teil auch von Frauen geprägt und geschrieben wurde. In dieser Kolumne werden wir den Stimmen und Erfahrungen einiger Meranerinnen Gehör verleihen, die das Gesellschaftsleben und Stadtbild Merans mitgestaltet haben oder immer noch tun.

Frauen als Museumsgründerinnen

Herta Waldner und Karin Pircher erzählen von Rosamaria Navarini

Die Villa Freischütz ist ein kleines, feines Museum in Obermais, welches die Geschichte der großbürgerlichen Fromm-Hilliger Familie und ihrer Sammlung von Kunstwerken, Kuriositäten und Antiquitäten aus aller Welt verbirgt. Der in Preußen geborene und in Barcelona lebende Weinhändler Franz Fromm, kam im Jahre 1905, nach dem Tod seiner Frau, mit seinen vier Kindern, zur Kur nach Meran. In der Zeit bis zum Ende des  1. Weltkriegs mietete sich die kosmopolitische Familie in Schlössern und herrschaftlichen Villen in Obermais ein. Die Villa Freischütz wurde 1920 als gediegener Wohnsitz für die Familie angekauft und ermöglichte Franz zudem seiner großen Leidenschaft – dem Sammeln – weiter nachzugehen und direkt im Haus, seine Reichtümer auszustellen. Das besondere an der Geschichte liegt darin, dass alle Familienmitglieder, inklusive der Töchter und der Gouvernanten, aktiv an der Sammelleidenschaft des Familienoberhaupts teilnehmen durften. Die Familie wohnte in einem lebendigen „Museum“, in dem gegessen, musiziert, gestritten und gelacht wurde.

Die gesamte Fromm-Hilliger Familie, als sie nach Meran kam und in der Villa speist. Foto: Stiftung Navarini-Ugarte

Der Enkelin von Franz Fromm, Rosamaria Navarini (1926-2013), ist es zu verdanken, dass, der von ihr geerbte Teil der Sammlung bis heute bewahrt wurde. 2013 hinterließ sie in ihrem Testament alle Familienschätze der, von ihrer testamentarisch gegründeten, Stiftung Navarini-Ugarte. Welche die Villa Freischütz, dann ab 2019, als Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Die Mitarbeiterin und Vorstandvorsitzende des Museums Karin Pircher, hat die Gründerin Rosamaria Navarini persönlich gekannt und geschätzt.

Sie war eine äußerst intelligente, belesene und humorvolle Person. Wir hatten viele gemeinsame Interessen, wie die Liebe für die Natur und die Tiere, aber auch die Leidenschaft für Architektur und Antiquitäten. Eines Tages lasen wir in einer Antiquitäten-Zeitschrift von einer Familie, die die eigene Kunstsammlung in ein Museum verwandelt hatte. Für Rosamaria wurde in dem Moment klar, dass sie denselben Wunsch auf ein Hausmuseum pflegte.

Rosamaria Navarini als Kind. Foto: Stiftung Navarini-Ugarte

Fast ihr ganzes Leben lang lebte Rosamaria in der Villa, wobei sie als kleines Mädchen mit Dienstboten aufwuchs, im Alter hingegen sehr spärlich und bescheiden lebte. Statt Teile ihres Erbteils zu verkaufen, versuchte sie mit ihrer kleinen Rente auszukommen und nichts Unnützes auszugeben. Jahrelang hatte sie ihre erkrankten Eltern alleine gepflegt und selbst als ihr Bruder, Anspruch aufs das gesamte Erbe erhob, wehrte sie sich vehement und erfolgreich dagegen.

Als sie mit 80 Jahren mehrmals zum damaligen Meraner Bürgermeister ging, um ihm die historische, denkmalgeschützte Villa als Hinterlassenschaft anzubieten, mit der Auflage, die darin erhaltene Kunstsammlung auszustellen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurde sie nicht ernst genommen und abgewimmelt.

Bis heute noch werden Kunstsammlerinnen oder Museumsgründerinnen selten ernst genommen, geschweige denn gefördert oder unterstützt“ berichtet Herta Waldner, die derzeitige Präsidentin der Stiftung. „Wenn wir als Frauen dann auch noch die 50 Jahre überschritten haben, werden wir von der Gesellschaft gar nicht ernst genommen. Wir vom Stiftungsrat hatten genauso Schwierigkeiten, wir wurden als „alter Frauenclub“ der Villa Kunterbunt hingestellt.

Rosa Maria Navarini. Foto: Stiftung Navarini-Ugarte

Rosamaria Navarini hatte das Glück in einer sehr fortschrittlichen, großbürgerlichen Familie aufzuwachsen, die die Gleichberechtigung und Bildung der Frauen förderte. Die Halbschwester ihrer peruanisch-preußischen Großmutter, Isabel Ugarte, wirkte bereits im 19. Jahrhundert als Kunstmäzenin und Malerin, eine wahre Besonderheit.

Rosamaria Navarini mit dem Grossvater Franz Fromm. Foto: Stiftung Navarini-Ugarte

Rosamaria wollte niemals in einem goldenen Käfig leben sondern strebte nach Freiheit und Unabhängigkeit. Ob ihr das vollkommen gelungen ist, bleibt offen. Wieder einmal war Rosamaria Navarini es, als Frau, die sich um ihre Eltern im Alter kümmerte, sie war es die in Kriegszeiten das Studium in Venedig abbrechen musste um dem Bruder Vorrang zu geben, und sie war es die von der Gemeinde Meran als ältere Dame abgestoßen wurde. Über eines sind sich die beiden ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen der Villa Freischütz, Karin Pircher und Herta Waldner, jedoch ganz sicher:

Das Museum, wie es heute ist, würde Rosamarias Wunsch vollkommen entsprechen. Franz  Fromm hat seine Enkelin Rosamaria sehr geschätzt, wäre schön wenn nun auch die Meraner Bevölkerung ihren Beitrag, für die Bewahrung dieses einzigartigen Kulturerbes, anerkennen würde.

Die Villa Freischütz. Foto: Stiftung Navarini-Ugarte

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