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„… sein Leben so zu gestalten, dass man es gerne lebt.“

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Lisa Maria Kager, Frau des Monats Juli, ist ein Energiebündel mit, wie sie selbst sagt, viel zu vielen Leidenschaften. Die junge Mutter ist nicht nur Texterin sondern auch Yogalehrerin und bewirtschaftet zusammen mit ihrer Familie den Hof des Wandels in Eppan, wo sie nachhaltige Landwirtschaft betreiben.

Wie würdest du dich selbst beschreiben?

Selbst-Beschreibungen fangen immer mit dem Namen und dem Alter an, doch was sagen diese Fakten schon über einen Menschen aus? Ich bin eine junge Frau mit kurzen Haaren, frecher Klappe und viel zu vielen Leidenschaften. Alles, was mit den Händen gemacht wird fasziniert mich sehr und erregt in mir Wertschätzung, Liebe und Dankbarkeit. Eigenschaften, die ich in den Gesprächen in unserem Hofladen, mit unserer solidarischen Landwirtschaft und in den Yogastunden, die ich gebe an viele weitere Personen weitergeben möchte. Sie verhelfen nämlich zu einem offenen Herzen und einem strahlenden Gesicht, mit dem es sich so viel besser durchs Leben tanzen lässt. Tanzen ist übrigens auch eine Leidenschaft von mir. Spielt irgendwo Swing-Musik, dann will jede Zelle in meinem Körper sich bewegen. Ach ja und ich heiße Lisa Maria und bin 28 Jahre alt 😉

Du betreibst zusammen mit deiner Familie den Hof des Wandels in Eppan. Erklär uns doch kurz euer Grundkonzept.

Das Grundkonzept auf unserem Hof ist die Dreifaltigkeit von Körper, Geist und Seele, die sich in allem Sein wiederfindet. Hier wollen wir uns und andere Menschen als Ganzes nähren und dadurch vielleicht auch zu einem bewussteren Leben anspornen. Deshalb geben wir nicht nur Yogakurse und Workshops zu allen möglichen Themen, sondern produzieren auch noch nahrhafte und authentische Produkte, Kräuter und Gemüse. Bei Letzterem geht es uns vor allem darum, den Begriff Landwirt wieder zum Ursprung zurück zu bringen. Land zu bewirtschaften bedeutet mit diesem zu interagieren und das hat mit ganz schön viel Kopf zu tun. Man muss verstehen, wie die vorhandene Fläche am besten genutzt und gleichzeitig regeneriert und so für nachfolgende Generationen noch nutzbar hinterlassen werden kann. Permakultur als Designprinzip und die regenerative Landwirtschaft als praktische Anwendungsweise spielen dabei eine wichtige Rolle.

Lisa mit ihrer Familie am Hof des Wandels

Wie kam es zu deinem Interesse zu nachhaltiger Landwirtschaft?

Ich habe von klein auf immer auf unserem Hof mitgearbeitet. Dies hat sich auch während meinem Studium der Romanistik in München und auch danach, als ich als freie Texterin und beim Fernseher gearbeitet habe, nicht verändert. Durch die Begegnung mit dem Begriff der Permakultur haben sich jedoch völlig neue Wege aufgetan und ich habe plötzlich Lust bekommen, wirklich auf unserem Hof mit einzusteigen und ihn gemeinsam mit meinem Freund und meinen Eltern umzugestalten. Die Auseinandersetzung mit der Landwirtschaft, die wir nicht nur hier in Südtirol, sondern weltweit betreiben, hat mich stutzig gemacht und ich wollte als Vorbild vorangehen, um etwas zu verändern. Wie so oft hat mir das Leben im richtigen Moment die richtigen Menschen geschickt und nun stehe ich da und versuche jedem, der sich dafür interessiert, zu erklären, was regenerative Landwirtschaft bedeutet und warum sie essenziell für unser aller Zukunft ist.

Du bist zudem auch Yogalehrerin. Was fasziniert dich besonders an der Yogaphilosophie?

Die Yogaphilosophie fasziniert mich, weil sie eine Stütze in meinem Leben ist. Immer und immer wieder kann ich auf Texte, Übungen und Techniken zurückgreifen, die mir helfen, mich selbst und die Welt besser zu verstehen und in meiner eigenen Mitte, in meinem Herzen zu bleiben. Und dabei wird das Studium nie langweilig.

Durch Yoga spüre ich die Verbindung zu allem Sein noch einmal bewusster und intensiver. Außerdem liebe ich es, dass in dieser Philosophie alles Sein inkludiert und niemand ausgeschlossen wird.

Durch Yoga spüre ich die Verbindung zu allem Sein noch einmal bewusster und intensiver.

Gibt es auch andere versteckte Talente von denen du uns erzählen möchtest?

Ich weiß nicht, ob man es als Talent bezeichnen kann, wenn man Körbe aus Gräsern webt, Kleider aus Garn häkelt oder Texte aus Wörtern webt, aber alles, was man mit den Händen macht, kann ich ziemlich gut. Mein wahres Talent ist aber vermutlich meine Klappe. Ich liebe es zu argumentieren und zu diskutieren und die Synapsen in meinem Gehirn zum Glühen zu bringen.

Inwiefern hat dein Muttersein deine Sicht der Dinge verändert oder beeinflusst?

Ich habe durchs Muttersein verstanden, dass es so viel mehr gibt, als das eigene Leben. Da ist plötzlich ein Lebewesen, dass so viel Zeit und Aufmerksamkeit von dir selbst in Anspruch nimmt und dir so viele neue Facetten deines Selbst beibringt, ohne, dass du es wirklich willst. Das ist faszinierend. Und ich staune wirklich, wie meine Mutter das mit uns so gut geschafft hat. Da lernt man Wertschätzung für die vorangegangenen Generationen und natürlich die darauffolgenden.

Es ist unbeschreiblich schön, die Zukunft heranwachsen zu sehen, Wurzel für sie zu sein und sie mit dem eigenen Wissen und den eigenen Erfahrungen ein Stück weit begleiten zu dürfen. Auch wenn es wahnsinnig viel Energie kostet. Die Bedingungslose Liebe, die man als Mutter empfindet ist ein Geschenk, das mich so Vieles hat anders sehen lassen und mir so viel Kraft gibt.

Welche positiven Veränderungen wünschst du dir für zukünftige Generationen?

Ich wünsche mir, dass wir unseren Kindern das Sein ermöglichen, ohne sie mit Masken, Bildschirmen und Stress um ihre wahren Talente zu bringen. „Den Rest erledigt der Lauf der Dinge.“ Panta Rhei.

Lisa Maria Kager, Foto: Andreas Bertagnoll

Welche Lebensweisheit hast du im letzten Jahr gewonnen?

Da schweift mein Blick gleich nach links auf die Wand der Erkenntnis in meinem Büro und da stehen Dinge wie: „Auch wenn du denkst, du kannst Vieles planen, die Natur ist stärker als du“ oder „Du weißt nicht, was in anderen passiert, sei vorsichtig mit deinen Worten“ oder „Jedem Menschen die Aufmerksamkeit schenken, die er sich verdient“ oder „erlaube dir, auch mal NICHTS zu tun, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.“

Wen bewunderst du?

Ich bewundere meine Mutter. Obwohl sie so viel mitmachen musste in ihrem Leben, hat sie trotzdem jeden Tag noch die Kraft, anderen völlig selbstlos zu helfen und sie mit einem Witz oder einem Lächeln zu beschenken. Manchmal denke ich wirklich sie ist eine Fee.

Was ist für dich Erfolg?

Erfolg ist für mich, sein Leben so zu gestalten, dass man es gerne lebt. Dann nämlich vermittelt man die eigene Botschaft am besten und alles, was man braucht folgt von ganz alleine.

Dein Lebensmotto?

Sei wild, frech und wunderbar!

Lisa Maria Kager, Foto: David Klotz

Interview: Nicole Bergamo & Judith Mittelberger

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