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„Wir müssen Stärke zeigen und Menschen helfen – dafür sind wir da!“

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Stephanie Federer ließ sich von ihrer Hauptamtlichen Tätigkeit beim Jugenddienst in Meran beurlauben, um sich in dieser Krisensituation ganz ihrem Ehrenamt zu widmen: Sie ist Rettungssanitäterin beim Weißen Kreuz in Bozen, ist derzeit in vielen Bereichen gefordert und koordiniert auch den Einkaufsdienst für Bozen. Im Interview erzählt sie, wie ihr derzeitiger Einsatz mit Covid-19 aussieht und was sie motiviert, weiterzumachen, wenn sie an ihre Grenzen kommt.

Welche beruflichen Erfahrungen hast du nach deiner Ausbildung bisher gemacht und wieso hat sich auf dem Weg einiges verändert?

Eigentlich habe ich eine 5-jährige Ausbildung als Grafikdesignerin hinter mir und habe diesen Beruf auch mit viel Freude 10 Jahre lang praktiziert und in verschiedenen Agenturen in Südtirol gearbeitet. Aber nach dieser langen Erfahrung habe ich gemerkt, dass ich mich nach einer sozialen Arbeit sehne, wo ich Menschen helfen kann und in direktem Kontakt mit ihnen stehe. Auch meine Erfahrung als Freiwillige beim Weißen Kreuz, hat mich dazu gebracht, diesen Weg einzuschlagen. Und so habe ich mich beim Jugenddienst in Meran gemeldet und arbeite jetzt als Betreuerin im Social Shop in Meran, wo ich mich um Jugendliche kümmern, ihnen bei der Arbeitssuche helfen und ihnen eine Stütze sein kann.

Wo bist du ehrenamtlich tätig bzw. wo setzt du dich überall ein?

Seit 8 Jahren bin ich mit Stolz und sehr viel Freude als freiwillige Rettungssanitäterin beim Weißen Kreuz in Bozen tätig.
Seit sechs Jahren bin ich dort auch Teil des Ausschusses und kümmere mich als Freiwilligenkoordinatorin gemeinsam mit meinem tollen Team um die Anliegen unserer Sektion und unserer Freiwilligen – das sind mittlerweile 376 allein in Bozen – und da kommt so einiges zusammen und es ist immer was los und wird nie langweilig  😉

Wie sieht dieser Einsatz in der derzeitigen Situation mit Covid-19 beim WK aus?

Der Einsatz als Sanitäterin auf dem Rettungswagen ist immer eine Herausforderung, aber in dieser schwierigen Zeit eine besonders Große. Zu Beginn der COVID-19 Krise war es ein sehr beängstigendes Gefühl, als uns die Landesnotrufzentrale per Funk mit der Durchsage „COVID positiv“ allarmiert hat. Das Anziehen des Schutzanzuges, Schutzbrille, 2 Paar Handschuhe, Mundschutz… schauen dass ja kein Fleckchen Haut unbedeckt bleibt, ließ mich erschaudern. Aber man gewöhnt sich schnell an die Situation. Das beängstigende Gefühl bleibt zwar immer präsent, aber man gewinnt immer mehr an Sicherheit und es wird einfacher.

Neben dem Einsatz als Sanitäterin koordiniere ich tagsüber auch den Einkaufsdienst für ganz Bozen. Dieser Dienst beliefert alte und kranke Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, das Haus zu verlassen, mit Lebensmitteln und Medikamenten. Hier habe ich ein Team aus mehreren Freiwilligen zusammengestellt und vergebe ihnen täglich von 8:00 – 18:00 Uhr Aufträge, die sie dann erledigen müssen.

Was motiviert dich dabei?

Es ist manchmal wirklich schwer, sich morgens aufzuraffen, da man mit den Kräften nahe an seine Grenzen kommt, aber gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit wird man von so vielen Menschen mit Dank und Lob überschüttet – das spornt uns Tag für Tag an weiterzumachen.
Es hilft uns dabei, die Zähne zusammen zu beißen und durchzuhalten – für das Wohl der Menschen. Wir müssen Stärke zeigen und Menschen helfen – dafür sind wir da!

Wo findest du Inspiration, was gibt dir Kraft?

Die Dankbarkeit und die Bewunderung vieler Menschen treiben mich an. Täglich schreiben mir Leute, die ich teils auch gar nicht gut kenne und bedanken sich bei mir, dass wir so tapfer sind und unsere Gesundheit aufs Spiel setzen, um anderen zu helfen. Auch die Worte meiner Familie und meines Freundes „du machst uns sehr stolz“ geben mir Kraft und motivieren mich, weiter zu machen J. Die tollen Nachrichten meines Dienstleiters Paul Seebacher „bin richtig stolz auf dich, danke für alles“ und meines Sektionsleiters Paul Falser „du machst einen super Job – DANKE“, helfen mir natürlich sehr um weiterzumachen und nicht aufzugeben.

Wen bewunderst du?

Natürlich bewundere ich jeden Einzelnen, der in dieser schweren Zeit beim Weißen Kreuz mitanpackt.
Aber mein großes Vorbild ist Magdalena Gschnitzer – Aktivistin, Umweltschützerin, Naturliebhaberin, Tierfreundin, Weltenbummlerin, und der positivste und tollste Mensch, den ich kennen lernen durfte.

Was ist für dich Erfolg?

Jeden Abend mit einem Lächeln einzuschlafen und Menschen dazu motiviert zu haben, umweltbewusster und selbstloser zu leben und mehr auf Natur und Tiere zu achten!

Was ist dir mit den gemachten Erfahrungen wichtig?

Niemals aufgeben! Alles ist machbar, wo ein Wille, da ein Weg. Auch wenn die Situation manchmal aussichtslos zu sein scheint. Und wichtig: Aus jeder negativen Erfahrung kann man auch etwas Positives daraus mitnehmen.

Was möchtest du anderen weitergeben?

Jeder von uns sollte die kleinen Dinge im Leben schätzen. Dass wir jeden Tag aufstehen und zur Arbeit gehen können, da wir gesund sind. Dass wir ein Dach über den Kopf haben, eine Familie und Freunde die uns lieben. Außerdem sollte jeder von uns auch etwas umweltbewusster und nachhaltiger leben!

Welche Bedeutung hat Frau-Sein für dich?

Frau sein bedeutet für mich, die Freiheit zu haben, so sein zu dürfen, wie ich bin.
Ich kann stark sein, Rollen und Positionen einnehmen, die normalerweise für Männer bestimmt sind, aber auch Schwäche zeigen und sensibel sein. Und genau das ist die perfekte Mischung, die sehr viele Vorteile mit sich bringen kann.

Dein Lebensmotto?

Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag.

Welche Lebensweisheit hast du im letzten Jahr gewonnen?

Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.

Interview: Sissi Prader

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