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Die Möglichkeit auf eine bessere Zukunft

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Unsere Frau des Monats Februar

Seit 10 Jahren lebt die Steineggerin Julia Lantschner in Tansania, Afrika. Dort hat sie das Projekt Pa1-Together gestartet, das jungen Frauen durch eine Schneider-Ausbildung zu mehr Selbständigkeit verhilft. Im Interview erzählt sie uns, wie es sie nach Tansania verschlagen hat und welche Fortschritte ihr Hilfsprojekt macht.

Seit wann und wo lebst du in Afrika?

Ich bin schon seit über 10 Jahren in Tansania, Ost-Afrika.

Zuerst verbrachte ich die Hälfte des Jahres in Südtirol und die Hälfte in Afrika. Seit vier Jahren habe ich beschlossen, dorthin zu ziehen. Mein neues Zuhause ist in Kigamboni, eine Halbinsel der 5-Millionenstadt Dar es Salaam.

Was hat dich überhaupt nach Tansania geführt?

Es war schon immer ein Traum von mir, nach Afrika zu reisen, um das Land und die Kultur hautnah zu erleben. Meine Eltern sagten immer, ich kann das machen wenn ich volljährig bin, in der Meinung, dass ich bis dahin andere Pläne habe. Doch gleich nach meinem 18. Geburtstag begab ich mich auf meine erste Tansania-Reise, blieb für 3 Monate in einem abgelegenen Waisenheim im Süden und machte einen Freiwilligendienst. Von da an zog es mich jedes Jahr in dieses faszinierende Land.

Wie kam es, dass du deinen Lebensmittelpunkt dorthin verlegt hast?

Zunächst war ich hin- und hergerissen zwischen zwei Welten. Immer wenn ich von meiner Zeit aus Tansania zurück kam, vermisste ich etwas und hatte Fernweh. Umgekehrt aber selten Heimweh.

Natürlich ist und bleibt Südtirol immer meine Heimat, aber ich wusste, dass ich es versuchen möchte, in Tansania zu leben. Aus heutiger Sicht war es die richtige Entscheidung, auch wenn es nicht immer leicht ist.

Wie kann man in Tansania das ganze Jahr überleben?

Das ist gar nicht so einfach. Seit ich dort lebe, habe ich mich ein wenig zu einer Überlebensküsterin entwickelt. Anfangs hatte ich einen Job als Hotelmanagerin, doch für die viele Arbeitszeit verdiente ich zu wenig. Ich begann Tours und Safaris für Touristen anzubieten und hatte verschiedene Gelegenheitsjobs, auch als Übersetzerin, weil ich Swahili spreche. Damit wollte ich anfangs das Projekt alleine finanzieren.

Ab einem gewissen Punkt war das aber unmöglich und wurde zu einer großen Belastung, auch weil immer mehr Bedürftige dazu kamen. Wenn es nicht mehr ging, musste ich zwischendurch auch einige Monate zurück nach Südtirol, um zu arbeiten.

Lebst du nun als alleinstehende Frau oder hast du Freundschaften aufgebaut…?

Mit der Zeit habe ich viele Freundschaften in Tansania geschlossen und ich fühle mich sehr wohl. Seit letztem Jahr bin ich mit einem Tansanier verheiratet und wir erwarten im Januar 2019 unser erstes Kind. Mein Leben spielt sich in Afrika ab und ich kann mir zur Zeit auch nicht vorstellen, zurück nach Südtirol zu kommen.

Vor 2 Jahren hast du ein Projekt für Frauen gestartet. Worum geht es im Projekt?

Das Projekt Pa1-Together bildet junge Frauen in schwierigen Lebenssituationen, zu Schneiderinnen aus. Dadurch haben sie die Möglichkeit auf eine Arbeitsstelle oder sie können sich selbständig machen, wobei wir sie begleiten und unterstützen. Die Frauen erlangen mehr Unabhängigkeit und somit auch mehr Selbstvertrauen. Hilfe zur Selbsthilfe ist das Ziel; und es trägt bereits Früchte.

Julia Lantschner beim Projekt P1-Together
Was hat dich dazu bewegt ein Projekt für Frauen zu initiieren?

Frauen in Tansania haben leider immer noch wenig Sichtbarkeit und Mitspracherecht. Sie leisten unglaubliche Arbeit, um sich und ihre Kinder über Wasser zu halten und erleben oft schreckliche Schicksalsschläge. Ich möchte, dass sie ihre Stärken offen zeigen können und die Möglichkeit auf eine bessere Zukunft bekommen.

Hat es für dich oder auch für die Frauen vom Projekt Herausforderungen und/oder Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Projekts gegeben? Wenn ja, welche?

Ich muss sagen, dass ich anfangs dachte, es wäre schwieriger für mich als weiße Frau in einem Land wie Tansania so ein Projekt zu starten; doch ich wurde sehr gut aufgenommen und werde auch von Einheimischen unterstützt, was mich sehr freut und ermutigt weiterzumachen. Natürlich kann nicht immer alles gutgehen, besonders zwischen so unterschiedlichen Kulturen. Aber im Großen und Ganzen ist es eine Freude zu sehen, wie wir gemeinsam wachsen und sich das Projekt positiv entwickelt.

Was möchtest du mit dem Projekt erreichen/bewirken?

Das Ziel für dieses Jahr ist es, größere Räumlichkeiten anzumieten, um ein Frauenzentrum zu schaffen, wo wir auch mehrere Kurse, wie z.B.: Sprachkurse, Computerkurse und andere, anbieten können.

Wir möchten mehreren Mädchen die Möglichkeit geben, sich durch Bildung eine bessere Zukunft zu schaffen.

Wir machen alles Schritt für Schritt, mal sehen was die Zukunft bringt und wie es weitergeht.

Wie würdest du das Projekt jetzt, nach 2 Jahren, beurteilen? Sind schon erste Erfolge und Ziele erreicht?

Es hat sich viel verändert und wir haben viel erlebt. Es war ein Auf und Ab. Doch zu sehen, wie das Projekt heute blüht, ist eine Freude, und zu wissen, dass es etwas bringt, ist ein Erfolg für uns alle. Wir haben viel erreicht, aber setzen uns immer wieder neue Ziele, um vielleicht noch mehr zu bewirken.

Dieses Projekt hast du ja wahrscheinlich ehrenamtlich ausgeführt? Kannst du nun auch etwas verdienen, um dort leben zu können?

Meine Arbeit in Tansania habe ich immer ehrenamtlich gemacht und damit nie etwas verdient. Mittlerweile bekommen wir genügend Spenden, sodass ich nicht mehr privat mitfinanzieren muss. Das ist für mich eine große Erleichterung, besonders jetzt, wenn wir unser eigenes Kind bekommen. Ich möchte auch damit nichts verdienen, denn für mich ist der größte Verdienst zu sehen, wie das Projekt wächst und wir damit immer mehr Menschen helfen können.

Welche Lebens-Weisheit hast du im letzten Jahr gewonnen?

Ich durfte und darf so viel lernen von den Menschen in Tansania. Besonders zufrieden und dankbar zu sein, für das was man hat.

Wen bewunderst du?

Die starken Frauen und Mädchen, mit denen ich zusammenarbeiten darf.

Was ist für dich Erfolg?

Mit dem, was man macht, glücklich zu sein.

Dein Lebensmotto?

Egal, wie schlimm eine Situation ist, es gibt immer etwas, das schlimmer ist, also denke positiv!!

 

Lust auf einen Film?

Die Schülerinnen des Maria-Hueber-Gymnasiums in Bozen auf Besuch bei Julia Lantschner

Im Sommer 2018 sind neun Schülerinnen des Maria-Hueber-Gymnasiums in Bozen auf Besuch zu Julia Lantschner gefahren. Aus dieser Erfahrung ist der Dokumentarfilm „Yes she can! Lernen in Tansania“ von Anita Rossi und Peter Obexer entstanden, der an drei Terminen gezeigt wird:

14. März: Kaffeerösterei Caroma GmbH, Handwerkerzone 92 – Völs am Schlern

20.00 Uhr mit Julia Lantschner, Filmemacherin Anita Rossi und den Schülerinnen Sabine Mair und Sarah Bonell

18. März: Filmclub, Dr. Streiter Gasse 8/D – Bozen

20.00 Uhr mit Julia Lantschner, Filmemacherin Anita Rossi, Direktorin Heidi Hintner und den Schülerinnen Nadja Stauder, Miriam Hofer, Julia Malfertheiner und Karolina Firmian

28. März: Frauenmuseum, Meinhardstraße 2 – Meran

19.00 Uhr mit Julia Lantschner, Filmemacherin Anita Rossi, Direktorin Heidi Hintner und Heike Walden sowie den Schülerinnen Lucia Baumgartner, Sarah Delvai, Miriam Hofer

Im Anschluss an den Film gibt es auch die Möglichkeit, die von den Mädchen und jungen Frauen in Tansania hergestellten Produkte zu bestaunen.

Ein Gemeinschaftsprojekt:

Landesbeirat für Chancengleichheit – Frauenbüro
Maria-Hueber-Gymnasium
Kaffeerösterei Caroma GmbH
Frauenmuseum Meran

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